Stinkende Skater

An mehreren Stellen habe ich mich bereits über das leidige Projekt Jungfernstieg ausgelassen. Gestern stand ich hinter Herrn B., der mal wieder auf skateboard.de rumsurfte. Dabei fiel mein Augenmerk auf einen Aufruf, in dem sich die Hamburger Skater gegen die Vertreibung vom Jungfernstieg wehren sollen. In dem Artikel wird auf den offenen Brief von David Luther verwiesen. Also habe ich mal den guten Mann angeschrieben. Ich wollte wissen, wieviele offene Skateflächen – sozusagen „Ausweichflächen“ – es denn wohl in Hamburg gäbe. Er sprach von um und bei 5. Herrn B. habe ich auch gefragt, er sprach von gut 20 und ein paar Zerquetschten. Einigen wir uns also auf 30 Skatemöglichkeiten, mit Ramps und Ecken und Kanten, wo sich Skater austoben können, ohne irgendwelchen hochgeschätzten Touristen und/oder älteren Herrschaften einen Herzinfarkt zu verpassen (Street Skating in Hamburg hat derzeit auch nur etw. 16 im Angebot). 30 abgesegnete Skateflächen auf 694,9 Quadratkilometer Landfläche (755,3 total)? Nicht gerade viel.

Skatebahn in Ottensen

Nun bin ich kein Skater, aber wenn diese Skateanlagen so ausschauen, wie auf dem Bild oben, dann finde sogar ich das langweilig (fünf „Elemente“, an den Enden jeweils sowas wie eine halbe Rampe, dann zwei hoch-und-drüber-Konstrukte und schließlich in der Mitte ein wellenförmiges Etwas – findet sich direkt zwischen Johann-Mohr-Straße und Johann-Mohr-Weg). Herr B. meinte noch, als ich ihm die Bilder zeigte:

räusper…nun, wenn ich mir vorstelle, was das gekostet hat, dann is mir zum weinen….
skaten kamma alles, aber wirklich schön isses nich…

Und diese Meinung vertritt wohl auch David Luther: Lasst die Skater dort skaten, wo es Spaß macht! Sperrt sie nicht in Käfige ein. Aber unsere Stadtoberen sind, das wissen wir, auf Touristen aus, die Geld in die Stadt spülen sollen. Sehe ich ja auch ein. Keine Frage. Aber wenn ich lese, was David Luther schreibt, dass sich z.B. in Prag, Paris oder Barcelona ein Skateboard-Tourismus entwickelt hat, die Skater aber in Hamburg doch bitte nicht das Stadtbild verschandeln sollen, dann drängt sich einem der Gedanke auf, dass Skateboard-Touristen nicht unbedingt die Art von Touristen sind, die gerne gesehen ist. Bringen die denn kein Geld in die Stadt? Oder herrscht in den Köpfen das Bild der Skater vor, die auf dem Rathausmarktplatz skaten, schlafen, saufen, Omis scheuchen und die beherrschte hanseatische Kühle zerstören? Kann doch nicht sein, oder? Zum Glück gibt es noch Leute wie Evelin Redmann, die sich über jeden Skater freut. 🙂

Interessant finde ich übrigens auch den Aspekt, den David Luther ansprach, man könne Teile des ohnehin zum Umbau stehenden Versmannkai zu einem Skater-Areal ausbauen. Das verantwortliche Kommitee möchte allerdings etwas Jugendorientiertes, keinen Skate-Park. Und das wäre was? Beach-Clubs? Noch mehr? Ach so, die sind ruhig. Da hocken dann die sauberen Bürger/Touristen und trinken in aller Ruhe ihre Cocktails. Kein Rollbrettgeknattere, keine zotteligen und schwitzenden Halbstarken, keine schwarzen Striche auf teurem italienischen Granit. Ich verstehe. Die Nähe zur HafenCity ist einfach zu groß. Da würden sich wieder einige Herrschaften gestört fühlen. Auf alle Fälle die, die 3000 Euro Miete zahlen. Hingegen vielleicht weniger die Leute, die in die Alibi-Genossenschaftswohnungen einziehen. Deren Kinder würden vielleicht eine Skatemöglichkeit um die Ecke eher begrüßen. Aber: Alibi.

Ach ja, die von Luther geforderte „moderne Architektur“, in der der Versmannkai-Skatepark hätte gebaut werden sollen – das geht natürlich nicht. Die mittlerweile in Hamburg vorherrschende Architektur besteht doch aus Stahl und Glas. Und wer wollte auf einer Glaswand skaten?

Kommentare (3)

  1. DL schrieb:

    Stahl und Glas sind auch gut – Stahl grindet hervorragend, das Glas muss nur dick genug sein (und vielleicht etwas gesandstrahlt, damit es nicht so rutschig ist).
    Am 18.10. im Abendblatt die erlösende Meldung (auf jeden Fall für die Steine): „Die neuen verschiebbaren Holzbänke werden aber einen hemmenden Effekt auf die Skater haben“, sagte Heinemann.
    Ich habe jetzt schon wieder vergessen, wer Herr Heinemann ist, aber er hat offensichtlich noch nie einen Skater „bei der Arbeit“ aus der Nähe gesehen.
    Verschiebbare Holzbänke … Adding fuel to the fire.

    Donnerstag, 20. Oktober 2005 um 00:36 #
  2. Garkeine Frage, ob Skatetourismus und Skater Geld in die Stadt spülen. Wenn man bedenkt, dass eine Menge Skater, durch Sponsoren gutes Geld mit ihrer Leidenschaft machen, und dieses meinetwegen im StilkeKiosk für Erfrischungen, oder in einen der vielen Geschäfte in der City, für Klamotten ausgeben. Skateboarding bringt kulturelle Vielfalt mit sich. Statt sich gegen die Skater zu verschwören, sollte man sich vielleicht mal Gedanken darüber machen, ob rechtsradikale Veranstaltungen, wie die die kürzlich am Nobistor als Getarnte Geburtstagsparty stattfand, zu unterbinden. Auf die Blogjagd sind alle Sakter, Fußgänger und anders mobile Leute eingeladen.

    Auf der Suche nach dem Sinn?
    Hier!
    Ein Phänomen breitet sich aus!

    Donnerstag, 17. November 2005 um 20:10 #
  3. Ghetto Goethe schrieb:

    Verschiebbare Bänke?!? Ich hör wohl nicht recht; das könnte auf Skateboarder einen ähnlich hemmenden Einfluss haben wie unverschliessbare Türen auf Einbrecher!
    Oder hat der sich irgendwie falsch ausgedrückt? Ist doch voll geil, wenn man die Teile nach Belieben verschieben kann…
    Oh mann, wenn`s nach der Obrigkeit ginge würden Skateboarder sowieso nur auf einer Art Asphalt frei rumkurven dürfen: Auf Gefängnishöfen. Ich schreibe hier bewusst „Skateboarder“, nicht „Skater“, das wird nämlich heute schon für Blader benutzt, und die sind ja wiederrum überall gern gesehen. Es gibt alle Nas lang mal „Skate-Tage“ in irgendwelchen Gemeinden, wo sich die Rollerblader händchenhaltend und Kirchenlieder singend durch die City bewegen, oder duch Dorfgemeinden, für die wird das alles gern klargemacht, Skater müssen sich teils heimlich zu irgendwelchen Spots stehlen, nur um da dann nach Minuten wieder vertrieben zu werden. Liegt bestimmt zum Teil daran, dass auch ältere Leute es fertigbringen, sich Rollen unter die Füsse zu klemmen um sich den Anschein von sportlicher Aktivität und Bewegung zu verleihen. Das ist ein Massensport, während Skateboarding viel blaue Flecken, Schürfwbevor man einigermassen sicher fährt.Ich hab mich mal zum Spass auf die Blades meiner Nichte getraut, nach 10 Minuten oder so konnte ich echt schon Pirouetten drehen und weiss der Geier was. Versuch DAS mal auf nem Skateboard!
    Roll on!

    Donnerstag, 26. Januar 2006 um 22:29 #