Hamburger Architektur

Na schön, dann will ich mich auch mal ins Schlachtgetümmel werfen. Die Presse brummte letzte Woche vor Kritik an der langweiligen Architektur der HafenCity. Da wird ein neuer Stadtteil aus dem Boden gestampft und anstatt etwas Neues oder Innovatives zu schaffen, gibt es nur wieder gehaktes Einerlei. Der Senat, dem die Reichen-und-Schönen-Stadt sehr am Herzen liegt, schreit natürlich Nein! Nein, die HafenCity sei ganz klasse, frisch, neu, einzigartig. Was Einzigartigkeit bei dem Senat bedeutet, wissen wir spätestens seit dem gescheiterten Domplatz-Entwurf. Der war schließlich auch „einzigartig“ und sollte der Stadt einen unverkennbaren Platz bescheren. Naja, der Entwurf sah beim zweiten Hinschauen doch schon ziemlich geklaut – also gar nicht neu – aus…

Doch nun zur HafenCity. Bietet uns „Europas größtes Städtebauprojekt“ wirklich Neues im Hinblick auf die Architektur? Eines vorweg: Ich bin kein Architekt. Ich bin so ein Durchschnittsbürger, der in einer Mietswohnung wohnt und der sich umschaut, was ihm an Häusern gefällt. Alles rein subjektiv. Ich werde mich auch nicht über den „Sinn“ dieses Stadtteils auslassen, der im Endeffekt – entgegen den Beteuerungen – doch nur für Besserverdienende erschwinglich sein wird. Es geht hier lediglich um die Häuser von außen.

HafenCity – Die Tour

Da das Wetter gestern gut war, wollte ich mich einmal in natura davon überzeugen, was an dem Gezeter dran ist. Dazu ein Feldversuch: Mit dem Rad gen Niederbaumbrücke und dort die einzigen „normalen“ Fahrradhalterungen benutzt. Vorbei am Körber-Forum (das unten irgendwie derzeit „gefleddert“ ausschaut, ging es in die Straße Am Sandtorkai. An den Magellan-Terrassen vorbei, dann in die Straße Am Kaiserkai gen Elbphilharmonie. Zurück bis zum Großen Grasbrook, rein in Am Dalmannkai. Dann kam reine Bauwüste (Überseeallee). Über die Osakaallee ging es am Hauptsitz der HafenCity GmbH vorbei in Richtung gute, alte Speicherstadt. Nach einem kleinen Abstecher ins Parkhaus beim Booksfleet ging es über Kehrwieder zu den Fahrrädern zurück.

Hafencity 1Hafencity 2Hafencity 3Hafencity 4Hafencity 5Hafencity 6Hafencity 7Hafencity 8Hafencity 9Hafencity 10Hafencity 11Hafencity 12Hafencity 13Hafencity 14Hafencity 15

HafenCity – Eindrücke

Es hieß, damit nicht alle Häuser in der HafenCity gleich aussähen, würde man die Aufträge an verschiedene Firmen/Architekten verteilen. So bliebe eine Vielfalt gewahrt. Diese Vielfalt kann ich allerdings nicht wirklich finden. Mein Eindruck ist der, dass die Häuser (bisher) zwar versuchen, sich von ihrem Nachbarn zu unterscheiden, aber irgendwie scheinen sie doch alle aus einer ähnlichen Denkfabrik zu stammen.

Bedrohliche Kastenformen, teilweise mit „verschobenen“ Etagen, um das Gesamtbild etwas aufzulockern. Dann (ganz „gewagt“ und „wild“) gibt es noch einige Fenster, die aus der Reihe tanzen. Ein einzelnen Haus in der Art wäre nett. Aber hier ähneln sich die Bauten für meinen Geschmack doch zu sehr. Die Häuser stehen an einigen Stellen dicht an dicht und das in einer Ost-West-Ausrichtung (okay, dagegen kann man nichts machen), dass einige Bewohner wohl so gut wie nie direktes Sonnenlicht sehen werden. Aua.

An den Magellan-Terrassen dann der Schock: Ganz langweilige 0815-Bürogebäude. Na schön, im Gegensatz zu dem Einerlei der Wohnkomplexe war das Haus von Kühne & Nagel tatsächlich eine Abwechslung.

In der Straße Am Kaiserkai gibt es ein Haus, das einen über zwei Etagen gehenden Vorsprung hat. An sich nichts Besonderes, aber dass hier einmal Holz als Zierelement benutz wurde, also etwas Organisches, das war doch mal was. Ansonsten herrscht hier klobiger Klotzismus vor. Ein Gebäude in der Nähe von Am Dalmannkai wies die einzige Rundung auf. Zu wenig für meinen Geschmack.

Im Verlauf der Begehung kamen wir an dem Hauptsitz der HafenCity GmbH vorbei. Ziemlich versteckt steht da ein kleines schiefes Haus, das nebenbei noch ein Generalkonsulat beherbergt. Erster Eindruck hier: Mensch, solche Bauten kennt man auch aus Ellerau, Quickborn oder einer anderen Kleinstadt. Ein bisschen ländliches Flair am Magdeburger Hafen also. 🙂

Unterm Strich, man hat es wohl schon gemerkt, bin ich tatsächlich nicht besonders begeistert von der Architektur in der HafenCity und muss mich also den Kritikern anschließen.

HafenCity – Der andere Weg

Was mich neben den Klotzbauten an der HafenCity noch stört, ist die Tatsache, dass die Architekten hauptsächlich etwas Neues schaffen wollen und dabei die historische Speicherstadt, die nun einmal direkter Nachbar ist, nicht berücksichtigt. Auch sind mir die neuen Bauten zu glatt und langweilig. Wie bereits oben erwähnt: Ein Haus mit verschobenen Etagen oder versetzten Fenstern wäre nett anzuschauen, aber wenn das alle machen, ist es nur noch langweiliges Einerlei. Was könnte man anders machen?

Eines meiner Lieblingsbeispiele für gelungene Architektur ist das Gebiet um das alte Gaswerk in Altona. Dort stehen betagte Fabriken, die entkernt und mit modernen Büro- oder Verkaufsflächen bestückt wurden. Daneben sind allerdings auch Neubauten errichtet worden. Diese sind klar als neu zu identifizieren, passen sich jedoch wunderbar in die ehrwürdige Fabrik-Umgebung ein. Es geht so einfach. Man muss nicht unbedingt (auch wenn ich es sehr begrüßen würde!) viele Ornamente und Schnörkel einbauen wie „damals“. Aber so, wie es im Otto von Bahrenpark gelöst ist, das gefällt.

Gasstrasse 1Gasstrasse 2Gasstrasse 3Gasstrasse 4Gasstrasse 5Gasstrasse 6Völckersstrasse 1Völckersstrasse 2Neue Kühnehöfe 1Neue Kühnehöfe 2

Es sind kleine Accessoires in den Fassaden der neuen Häuser, die sie interessanter machen als jedes Haus in der HafenCity. Da wird ein farbiger Bogen gezogen oder eine Steinreihe etwas nach vorn. geholt – nicht gleich ganze Etagen. Hier hat sich die moderne Architektur, die auf alle Fälle auch als solche zu erkennen ist, harmonisch an bestehende Strukturen angeschmiegt. In meinen Augen alles sehr gelungen. Warum sollte man eine altehrwürdige Stadt auf Biegen und Brechen in ein Stahl- und Glaskorsett zwängen müssen, so wie es derzeit gerne in Hamburg gemacht wird?

Ebenfalls nett finde ich ein neu gebautes Haus in der Völckersstraße. Hier zieht eine große Werbeagentur ein. Das Haus in Weiß erinnert an Bauten, wie wir sie aus Eppendorf kennen. Kleine Steingrade, die die sonst glatte Fassade auflockern. Ein Versatz hier, eine Bordüre dort. Gefällt mir.

Zum Schluss noch ein Wort zur Einzigartigkeit der „neuen Hamburger Architektur“, wie wir sie in der HafenCity vorgesetzt bekommen. Ein Blick auf die Kühnehöfe der Hamburgische Immobilien Handlung GmbH offenbart ein ganz ähnliches bild. wie in der HafenCity. Klotzig, eckig, etwas verschoben. Hat sich was mit Einzigartigkeit der HafenCity. Nur dass im Endeffekt in den Kühnehöfen auch noch die von von Beust so geliebte Stahl- und Glasbauweise einen größeren Teil einnehmen wird.

Kommentare (3)

  1. Oliver schrieb:

    Ich kann Dich beruhigen, diese sogenannte „Neue“ Architektur verbreitet sich auch in anderen Städten zusehens.

    Diesen sterilen Wohn- und Büroklötzern fehlt jede Spur der Einzigartigkeit und des Flairs.

    Die unterschiedliche Architektur und Optik dieser „Dinger“, an der sich scheinbar Studenten verewigt haben, wirkt auf mich wie Flickschusterei. Gewollt und nicht gekonnt.

    Bei den alten Backsteinbauten hat man den funktionalen Zweck des Gebäudes in eine Hülle verpackt, die leicht und zeitlos wirkt. Diese Gebäude sind auch für Nichtarchitekten eine Wohltat für die Augen.

    Neue Gebäude sollten deshalb mit dem Umfeld harmonieren und Züge der alten Gebäude aufweisen, wie z.B. Versatz, damit letztlich das Gesamtbild abgerundet wird.

    Hamburg ist eine alte Dame und kann nicht wie ein Pfau aufgedonnert werden. Das sollte jedem klar sein. Schlichte Eleganz bewirkt mehr und unterstreicht den Charme dieser Stadt.

    Dienstag, 29. Januar 2008 um 18:58 #
  2. Sascha schrieb:

    Hier hat mal jemand versucht einen Artikel zu schreiben, ohne zu recherchieren oder sich mit dem Thema überhaupt auszukennen…

    Zum Einen gehört das Hanseatic Trade Center nicht zur HafenCity, zum Anderen muss klar unterschieden werden, was in der HafenCity Wohn- und was Gewerbenutzung ist!!! Der Hauptsitz der HafenCity Hamburg GmbH ist übrigens kein Neubau, sondern stammt aus den anfänglichen 1990er Jahren und wurde für eine Reederei gebaut.
    Ein anderer Punkt ist, dass die Höhe und Dichte der Häuser im sogenannten Masterplan festgeschrieben sind. Der jeweilige Architekt hat also gar keinen großen Spielraum. Ist doch klar, dass sich die Häuser alle irgendwie ähneln. Wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre, dann sehe es nämlich aus, wie in den London Docklands. Da gab es nämlichen keinen Masterplan.

    Was den Stil angeht, handelt es sich um den aktuellen Zeitgeist! Eine Stadt wie Hamburg muss sich dem anpassen. Und im Ürbigen: Die Speicherstadt fanden damals auch alle hässlich.

    Dienstag, 25. November 2008 um 18:22 #
  3. Kay schrieb:

    @Sascha
    Erstaunlich, dass du so genau weißt, wie die Menschen vor über 100 Jahren die Speicherstadt empfanden.

    Den von dir so propagierten Zeitgeist (global und neoliberal) kennt man ja!

    Ich denke mal, dass du bei der Jungen Union oder bei den Jungen Liberalen bist, denn anders kann ich deine sinnfreien Kommentare nicht deuten.

    Eins ist ja wohl auch klar, wer bezahlt denn den ganzen Stuß! Die Steuerzahler – oder wer sonst zahlt die Infrastruktur etc. für ein äußerst häßliches Projekt!

    Donnerstag, 19. Februar 2009 um 18:47 #