Meine Grindel-Geschichte

Eine Stadt wandelt sich. Dessen bin ich mir auch bewusst. Dennoch ist es jedesmal schade, wenn ein Ort, an den man gute Erinnerungen hat, ein Ort, der seit langer, langer Zeit zu Hamburg gehört, wenn dieser verschwinden muss.

Vorhang im Grindel-Kino

Zu meinen Studienzeiten war ich öfters im Grindel-Kino. Ist es doch das Kino, das dem Campus am nächsten ist. (Ich behaupte, das CinemaxX ist weiter weg.) Dabei kenne ich dieses 1959 gebaute Kino noch aus Schulzeiten, also so gegen Anfang der 90er. Damals war es noch krumm und schief. Nicht so halsbrecherisch wie das Ufa am Gänsemarkt — weia, was war dort vor der Renovierung der Fußboden wellig und schief. Um im Grindel ins Kino zwei und drei zu gelangen musste man ein paar Stufen vorn. im Foyer hochsteigen, dann saß man in Schuhkartons, so klein waren die Kinos.

Als das Grindel neu eröffnete, war ich mit einer Freundin dort. Wir schauten uns Sneak-Previews an. Einmal einen Thriller an den ich mich nicht erinnern kann. Einzig, dass der Name so war wie eine Protestbewegung der Airbus-Mitarbeiter (ein weiblicher Name… – ich komme nicht drauf). Von denen hockten wohl auch einige im Kino, jedenfalls war das Gepöbel doch beim Einblenden des Titels sehr groß…

Außerdem sahen wir noch Strange Days im Original — was mich sehr verwirrte, wird dort doch zu Anfang mit der subjektiven Kamera gearbeitet (die ich auf den Tod nicht ausstehen kann) und permanent „Fuck“ gerufen. In einer Tour. Wo war ich da nur rein geraten?

Das Grindel war zu Studienzeiten eigentlich immer der Anlaufpunkt, wenn es darum ging eine Premiere zu sehen. Großes Popcorn-Kino, leckeres Popcorn, ein halbwegs angenehmes Publikum und ein riesiger Saal 1 — was wollte man mehr? Vielleicht noch vor dem Film eine Pizza im Pizzahut verdrücken, der im Basement angesiedelt war. Hier gibt es noch die schöne Geschichte, in der sich Herr S., der sehr gut in Math. ist, der kleinen Kellnerin gegenüber als Pizzahut-Kontrolleur ausgab, nachdem sie vor seinen Augen sich verrechnet hatte. Holla, die kam ins Schwitzen und schob Panik! Wir haben die Situation natürlich gleich geklärt. Lustig war’s trotzdem… 🙂

Dann kamen die schlechten Zeiten. Überall schossen die Großkinos aus dem Boden. Auch bei mir um die Ecke. Schön ist es nicht, das Publikum gruselig, die Filmvorführer (früher) extrem inkompetent — aber es war kostengünstiger und direkt vor der Haustür gelegen… Das CinemaxX am Dammtor war viel zu teuer. (Lustigerweise hat sich das Bild mittlerweile gewandelt. Das UCI umme Ecke ist jetzt teurer als das einst so kostenintensive CinemaxX…)

Die Konkurrenz wurde immer größer. Hinterm Hauptbahnhof war das Savoy erst kurz zuvor renoviert worden (hier sah ich noch mit Herrn H. Species), schon stand es vorm Aus. Das City im Steindamm, das sich schon eine Nische gesucht hatte und Filme im Original zeigte, hatte bereits zwei Jahre zuvor seine Tore geschlossen.

Sehr zum Vorteil des Grindels, in dem schon seit einiger Zeit im Foyer ein großes, dunkles Loch prangte, war der Pizzahut in der Zwischenzeit verschwunden. Das Grindel nahm sich jetzt der Leute an, die gerne Filme im nicht versynchronisierten Zustand sehen wollten.

Doch auch das half nichts. Das Grindel wurde vor sechs Jahren, als die Ufa den Bach runter ging, verkauft. Nicht, wie man meinen könnte, an einen Kinobetreiber, sondern an eine Immobiliengesellschaft. Dass die kein wirkliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Kinos hatte, sondern ganz andere Dinge vor Augen – dürfte klar sein.

Die Freunde des Grindels kämpften, sammelten Unterschriften und blieben am Ende auf verlorenem Posten. Die Tage des Kinos sind gezählt. Endgültig. Am 31. März wird zum letzten Mal abgeschlossen. Dann kommen in den vorderen Bereich Läden und Büros hinein, der hintere Teil wird abgerissen. Wieder geht ein Stück Hamburg verloren. Noch ein Flecken im Gesicht Hamburgs wird ausradiert und völlig verändert. Schade.

Wobei es umso ärgerlicher ist, wenn man liest, dass offensichtlich von der Immobiliengesellschaft bewusst auf ein Aus hingearbeitet wurde. Wieder einmal siegt die Geldgier. Ich bedauere den Untergang und das Verschwinden des Grindels sehr. 🙁

Kommentare (4)

  1. valentin schrieb:

    Ist das Abaton nicht noch naeher?

    Dienstag, 4. März 2008 um 14:34 #
  2. Nils schrieb:

    Klugscheißer! 🙂 Ja, das Abaton liegt direkt auf dem Campus. Aber da laufen eher „seltsame Filme“… 😉

    Dienstag, 4. März 2008 um 14:37 #
  3. valentin schrieb:

    Tut mir ja leid, dass ich mal in Harvestehude gewohnt habe.

    Dienstag, 4. März 2008 um 14:43 #
  4. MartinM schrieb:

    Ja, das Grindel – in der 90er war das Grindel 1 mal mein Lieblingskino – speziell für SciFi und Fantasy-Filme.

    Mittwoch, 5. März 2008 um 10:21 #