Schmutzpolizei

Die Polizei in Hamburgs Innenstadt hat eine neue Anweisung erhalten: Haltet Hamburgs Innenstadt von Gesocks frei! Zum Glück wurde nicht der Schießbefehl erteilt. Noch nicht.

Sobald sich zwei oder mehr „Störenfriede“ — das sind in diesem Fall Alkoholiker, Punks, Obdachlose und Bettler — irgendwo in Hamburgs Innenstadt „zusammenrotten“, dann soll die Polizei aber schnell den Dreck wegmachen. Platzverweise für die gesamte Innenstadt aussprechen oder gleich wegschließen, so lautet anscheinend die neue Devise. Dabei muss noch nicht einmal ein Strafbestand vorliegen. Die Tatsache, dass sich zwei oder mehr „Objekte“ auf einem Haufen befinden ist schon genug Grund zum Einschreiten.

Warum das Ganze? Wir wollen doch unsere lieben Touristen nicht vergraulen. Und überhaupt: Wer wird schon gerne daran erinnert, dass es arme, oder auch nur anders denkende Menschen in Hamburg gibt? Eben. Wir wollen nur schöne, saubere, brave, lustige, reiche Menschen sehen.

Nein, nein, die neue Anweisung sei so nicht zu verstehen. Es gehe nur gegen störende Punks, die die vielen (nicht vorhandenen) Bänke in Hamburgs Innenstadt besetzen und somit den rechtschaffenen, den braven, den guten Bürgern und Gästen Hamburgs die Sitzplätze wegnehmen. — Macht die Anweisung auch nicht besser …

Als ich den Bericht das erste Mal durchgelesen hatte, kam mir spontan die Frage „In was für einer faschistoiden Stadt leben ich hier eigentlich?“ in den Sinn. Faschistoid ist vielleicht zu drastisch formuliert, dennoch hatte ich das Bild von einer Säuberungstruppe vor Augen, die alle „subverrrrsiven Elemente“ wegsperrt. Nur damit die Kauffreude nicht gemindert wird. Welch armes Bild einer Stadt.

Arm ist dabei das Stichwort. Zugegeben, auch ich habe in letzter Zeit beim Gang z.B. durch die Spitalerstraße bemerkt, wie viele Menschen dort um Geld betteln. Mein Gedanke war aber nicht „Mach die weg!“, sondern „Warum gibt es überhaupt so viele davon in Hamburg?“. Dann fiel mir ein, dass sich bekanntlich die soziale Schere in Hamburg ständig weiter öffnet. Vielleicht sollte man — im Fall der Bettler und Obdachlosen — etwas gegen die Armut tun, dann würden diese Menschen auch nicht mehr auf der Straße um etwas Geld bitten. Bei Minusgraden in Demutshaltung auf eiskaltem Untergrund zu verharren und um Geld zu bitten ist bestimmt kein Zuckerschlecken und auch kein Hobby.

Aber man möchte wohl lieber die schicken, schwarzen Uniformen präsentieren und zeigen, wie hart man ist. Ist wohl einfacher. Wobei in dem Bericht ebenfalls erwähnt wird, dass nicht nur die „schwärzen Männer“ durch die Innenstadt ziehen und für Ordnung sorgen sollen. Auch zivile Blockwarte Fahnder sollen zur Sicherheit der Touristen beitragen. — Ob dafür die neuen Schlagstöcke eingekauft wurden?

Die Verordnung hat jedoch auch etwas Gutes: In dem Schreiben heißt es, ruhestörender Lärm durch eine Gruppe vermindert deutlich das Sicherheitsgefühl der Bürger, also müsse hier die Polizei eingreifen und aufräumen. Das bedeutet dann nie mehr diese peruanischen Pan-Flöten-Fuzzis mit ihren Trottelmützen zu Weihnachten? Nie mehr Percussion-Generve in der Fußgängerzone? Kein Alstervergnügen mehr? — Cool.