Alle Macht dem Senat

Irgendwo da draußen gibt es sie noch, die Verrückten, die dem Volk Macht geben wollen. Dabei weiß doch jeder, dass der Bürger alle vier Jahre nur wenige Sekunden Macht hat, nämlich dann, wenn er seine Kreuze macht. Danach ist er den Volksvertretern ausgeliefert. Die wollen natüüürlich nur das Beste fürs Volk. So steht es zumindest auf dem Papier. Irgendwo. Irgendwann einmal.

Eine Form der Macht, die vom Volke ausgehen könnte, wäre ein Bürgerbegehren. In Hamburg weiß man, dass die nur „Opium fürs Volk“ sind. Gebt den Bürgern etwas, womit sie sich beschäftigen können, wo sie ein wenig Dampf ablassen können. Darum kümmern muss man sich eh nicht.

Doch dann kamen die Grünen, resp. die GAL, die wollten Bürgerbegehren verbindlich machen. Der reinschwarze Senat hatte schließlich immer und immer wieder bewiesen, dass er groß im Wegwischen ist. Mit den Grünen sollte das anders werden. *husthust* Kann man ja mal sagen. Muss man sich auch nicht dran halten. Denn die Politik hat immer den Trumpf im Ärmel. Das Zauberwort heißt Evokation. Wenn die blöden kampflustigen Bürger in einem Bezirk aufbegehren, wenn sie eine klare Meinung haben und es für „die da oben“ brenzlig wird, bleibt immer noch die Handbremse namens Evokation. Dann kommt der starke Senat und nimmt sich der Sache an, räumt auf — ganz im Sinne der Bürger. Komischerweise ist dann das, was der Senat daraus macht, irgendwie immer genau das Gegenteil von dem, was die Bürger wollten. Ich denke da natürlich an den Verkauf der Schrebergärten für den A7-Deckel.

Beim Neujahrsempfang des CDU-Wirtschaftsrats hat es dann „unser“ Spaß-EB auf den Punkt gebracht. In einer Rede kritisierte er seine Arbeitgeber, nämlich das Volk. Bürgerinitiativen würden nur Partikularinteressen durchsetzen wollen ? ohne ans Allgemeinwohl zu denken.

Jetzt bin ich verwirrt. Wenn gut 80 Prozent der Altonaer gegen die Abholzung des Buchenhofwaldes sind, der Senat aber mit seinem Lieblingsmachtspielzeug Evokation droht, dann handelt dieser doch entgegen dem Willen der Bürger. 80 Prozent der Bürger, die Nein sagen — ist das gegen das Allgemeinwohl? Oder das Sumpfei Moorburg, dass uns der Spaß-EB beschert hat: Seit Ende des letzten Jahres harren Hamburger Bürger in den Wipfeln der Bäume im Gählerspark aus, um des Spaß-EBs Kumpels (Vattenfall), davon abzuhalten für eine Fernwärmetrasse den halben Park abzuholzen. Diese Menschen riskieren ihre Gesundheit — für was, wenn nicht fürs Allgemeinwohl?

Wann kapieren der Bürgermeister und seine Anhänger endlich dort oben in ihrem Elfenbeinturm, dass das Gemeinwohl nicht nur im Füllen der Politikertaschen besteht. Das Abholzen von 400 Bäumen in Altona ist ein Einschnitt in das Wohlbefinden der Bürger. Hallo? 400 Bäume sind 400 Sauerstoffproduzenten, 400 Schattenspender, 400 Lebensräume für Tiere. Der Erhalt dieser Bäume — um nur ein Beispiel zu nennen — ist sehr wohl für das Allgemeinwohl, Herr Bürgermeister! Und dass die ehemals Grünen, die nur noch den Namen tragen, das auch nicht kapieren, ist nur allzu traurig. Die Fernwärmetrasse für ein Kraftwerk, das niemand außer unserem EB haben wollte, könnte man auch unter einer Straße verlegen. Ein „grüner“ Gedanke. Aber dort winkt man auch ab und verneigt sich nur noch vor der Wirtschaft. Gehen wir eine Etage höher, als auf Landesebene, haben wir die ehemalige Ministerin Künast, die, im Hinblick auf eine schwarz-grüne Koalition in NRW sagte:

Der Machtinstinkt der Grünen ist groß.

Grün war einmal … Jetzt heißt es auch hier „Hallo Geld. Hallo Wirtschaft. Hallo Macht!“

Macht für die Politiker ist nicht gleichbedeutend mit dem Wohl für die Bürger. Das nur mal am Rande an den Hamburger Senat — und auch gerne an die Minister dieses Landes. Faszinierend ist, dass die gewählten Volksvertreter das komplett aus ihrem Bewusstsein ausgeblendet haben, wie es scheint.