Verbürgen kann ich mich dafür selbstredend nicht, aber ungefähr so stelle ich es mir vor. Vor einigen Jahren in Hamburg, ein Konferenzzimmer. Anwesend sind drei Beamte oder Politiker – das weiß man nicht genau. Sie sprechen über „tolle Taten“, die sie vollbringen wollen. Ein Gedankenprotokoll:
P1: Okay, Leute. Was wollen wir machen? Es muss ‚was sein, das Eindruck schindet! Etwas, das unmöglich ist. Nur so erregen wir Aufmerksamkeit!
P2: Wie wäre es mit der Wasser-zu-Wein-Nummer?
P3: Ne, lassma. Das gibt nur wieder Schwierigkeiten mit dem Copyright und so…
P1: Also was dann? Denkt nach Leute!
(Schweigen)
P1: Also irgendwas mit „Bumm“ will ich haben. Von mir aus auch nur ein „Bummchen“, aber es sollte auf sich aufmerksam machen. Und damit meine ich nicht diese schwachsinnigen „Leuchttürme“, die hat der Boss schon alle für sich beansprucht.
P3: Ich stelle mir vor, dass wir vielleicht zwei oder drei Dinge zusammenführen, die nicht zusammen passen…
P2: Ähh…
P3: … und ich meine nicht schon wieder diese DDR/BRD-Geschichte, klar!?
P2: Ja… (grummelt vor sich hin)
P1: Guter Ansatz, doch was sollen wir zusammenfügen. Was könnten wir in Hamburg nehmen, in einen Topf schmeißen, wissend, dass das nichts wird.
P2: Wie jetzt, das soll nichts werden? Das soll zum Scheitern verurteilt sein? Warum?
P1: Warum nicht? Das machen wir doch schon die ganze Zeit über…
(Lachen aller Anwesenden)
P1: … abgesehen davon: Wenn es nicht klappt, dann sind die Ausführenden Schuld, weil sie sich nicht angestrengt haben.
P3: Oder die Opposition!
(Alle lachen wieder)
P1: Genau, oder die Opposition. — Vorschläge?
P3: Öh, wie wäre es, kommt mir gerade in den Kopf, mit Schule und den Kinder- und Jugendeinrichtungen? Die scheinen doch für den Normalverbraucher irgendwie zusammen zu gehören.
P2: Aber da sind doch verschiedene Behörden für zuständig. Du willst echt ein Projekt über zwei Behörden hinweg laufen lassen? Das klappt doch nie!
P1: Wun-der-bar! Genau das, was wir wollen. (reibt sich die Hände) Und falls es wider Erwarten doch klappen sollte, wird es bestimmt nicht so ablaufen, wie wir es nach außen vorgeben… Ich habe da schon eine Ahnung, in welche Richtung das laufen könnte. — Leute, da könnte sogar noch etwas für uns bei abfallen!
P2: Okay, also sagen wir jetzt was?
P3: Wir stellen ein Papier auf, in dem wir fordern, dass Schulen und Jugendeinrichtungen sich besser abstimmen sollen, dass sie kooperieren sollen. Das riecht dann ein wenig nach Ganztagsschule und gut ist…
P1: P3, so machen wir’s. Ich wusste, sie sind mein bestes Pferd im Stall. — Jemand ein Bier?
So ähnlich mag es abgelaufen sein. Schulen und Kinder- und Jugendeinrichtungen sollen also besser miteinander verzahnt werden, sie sollen kooperieren (Punkt 4.3.7 – dieses Deutsch, das dort benutzt wird, verstehe ich nicht). Wie das konkret aussehen soll, das wurde natürlich nicht bei dieser illustren Runde ausbaldowert. Die Ansage steht, also müssen die Einrichtungen und die Schulen irgendwie zueinander finden.
Wie komme ich überhaupt auf dieses Thema? Weil ich in dieser Woche von verschiedenen Seiten auf dieses Thema aufmerksam gemacht wurde. Da haben wir eine Hamburger Jugendeinrichtung, die meinte, sie hätten bereits mehrfach bei umliegenden Schulen angefragt, ob man nicht nachmittags ein Programm zusammen gestalten wolle. Doch seit gut zwei Jahren passiert da nicht viel. Die Schulen regen sich nicht, wissen gar nicht, was sie machen sollen. Die Jugendeinrichtung hingegen lehnt sich (zu Recht) zurück und ruht sich darauf aus, dass sie den ersten Schritt (oder Mehrzahl) schon gemacht hat.
Wirklich viel habe ich zu dem Thema im Internet nicht finden können. Aufgefallen ist NaSchEi (Agentur Nachbarschaft und Schule Eimsbüttel — immer diese lustigen Abkürzungen…), die aber außer einer leeren Homepage wohl noch nicht allzu viel auf die Beine gestellt bekommen hat. Einziges in der Öffentlichkeit wirksames Projekt scheint das Schüler-Radio Funkstark zu sein.
Von einer anderen Jugendeinrichtung hörte ich, dass dieses Kooperations-Dings eher schädlich für die Einrichtung sei. Die Kooperationsbemühungen gingen dahin, dass mit einer nahe gelegenen Schule angebandelt wurde. Diese haben aber nichts Besseres zu tun gehabt, als der Einrichtung die Honorarkräfte auszuspannen. Dort läuft es wohl darauf hinaus, dass durch die zusätzlichen Angebote der Schule (mit Honorarkräften der Jugendeinrichtung) die Einrichtung immer weniger Jugendliche am Nachmittag hat. Auch eine Methode, Jugendeinrichtungen zu schließen. War es das, was Person 1 meinte, als sie davon sprach, dass, sollte es laufen, auch etwas für sie dabei heraus springen könnte? Heutzutage profiliert man sich ja, wenn man Geld spart. Und sei es durch Schließungen. [Jugendeinrichtungen sind eh blöde. Da steckt man Geld rein und bekommt kein sichtbares, vorzeigbares Ergebnis hinten raus. Also weg damit…]
Dann sprach ich noch mit einem Lehrer, wie die Kooperation bei ihnen an der Schule aussähe? Antwort: Die Einrichtungen kamen vorbei und wollten Flyer auslegen (Partys oder Öffnungszeiten). Das war’s! Ende der Kooperation. Aber schön, dass solche Dinge in den stillen Kämmerlein ausgeheckt werden.
Person 2 spricht doch noch die Tatsache an, dass zwei verschiedene Behörden-Arme miteinander „rummachen“ sollen. Da haben wir auf der einen Seite die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (unter der Führung von Frau Ich-hab’s-vergessen-Schnieber-Jastram) und auf der anderen Seite die Behörde für Bildung und Sport (unter der Führung von Frau Schulbuchdesaster-Dinges-Dierig). Wären die Einrichtungen wenigstens einer Behörde untergeordnet, hätte man vielleicht etwas besser koordinieren können, die Kooperation…
Kommentar (1)
Naja, Zusammenfassung unter einer Behördenleitung garantiert ja nun auch nicht gleich, dass es mit der Vernetzung klappt…
Aber trotzdem interessant, dass die Richtlinie erst nach der Aufteilung des Amts für Schule und des (ehemaligen) Amts für Jugend auf zwei getrennte Oberbehörden in dieser Form in Kraft getreten ist. (War übrigens gar nicht so leicht, bei hamburg.de irgendwo den Begriff „Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung“ zu finden. Über die Suchfunktion dort gibts ähnliche Schwierigkeiten auch mit den Namen früherer Bürgermeister usw.)
Ähmm, weißt du etwas darüber, ob die Schulen tatsächlich auch in dieser Form zur Zusammenarbeit aufgefordert sind?
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Interessante Frage……
…die hier im Blog Magerfettstufe aufgeworfen (und zugleich mit einem erdachten Erklärungsszenario auf real existierender Entscheiderebene beantwortet) wird: Wie konnte es dazu kommen, dass Kinder- und Jugendeinrichtungen in Hamburg durch die Globalr…