Medienhörigkeit

Gestern erzählte Tina davon, dass sich wohl einige Spaßvögel zusammengeschlossen hatten und via Twitter von einem Erdbeben in Berlin berichteten. Und sie schob gleich nach, dass sie das ü-ber-haupt-nicht lustig fand. Ich schon, zeigt es doch, wie leichtgläubig die Menschen sind. Die Devise „Aber es stand doch in der Zeitung“, resp. „Aber es lief doch im Fernsehen“ — also muss es wahr sein, diese Aussage scheint immer noch zu greifen und nun auch auf Twitter anwendbar sein.

Bildschirmfotot eines Twitterbeitrags

Lustig fand ich auch, dass das hochgelobte Twitter dazu benutzt wurde schnell, schnell, schnell zu informieren. Ein Pro-Argument für Twitter. Live-Berichterstattung vom Krisengebiet. Leider alles nur ein Fake. Da sollen die Leute gleich los gesurft sein, um zu schauen, wo man noch weiterführende Informationen zu diesem Thema finden könnte. Gab’s aber nicht. Ätsch.

Einziges Argument, warum es wirklich nicht so lustig hätte sein können, wäre, dass der eine oder andere Leichtgläubige sich unter Umständen Sorgen um Freunde und Bekannte gemacht haben könnte. Sprich: es wurde bei diesem Thema mit den Gefühlen der Leute gespielt. Wobei ich mir sage: Solange das Thema nicht groß in Radio, Fernsehen und einschlägigen Nachrichten-Seiten im Internet gefahren wird, glaube ich schon mal gar nicht dran, mache mir also auch keine Gedanken dazu. Und warum muss ich eigentlich eine Live-Berichterstattung von einer (vermeintlichen) Katastrophe mitlesen? 1:1 lesen, wie sich die Leute in einem wackelnden Haus fühlen, was sie für Ängste haben? (Zumal: Wer in einem von einem Erdbeben geschüttelten Haus hockt und nichts besseres zu tun hat, als am Rechner zu hocken und zu twittern… Na, ich weiß nicht.)

So bleibt es ein Witz. Oder eine gezielte Kritik an der Leichtgläubigkeit der Leute und ihrer Abhängigkeit von schnelllebigen Medien.

Kommentare (4)

  1. Jens schrieb:

    Ich hab das natürlich auch gelesen. Und nicht wirklich geglaubt.
    Dennoch fand ich es schlecht, weil so ein Medium diskreditiert wird.

    Ich spinne jetzt die Geschichte mal fort: Stellt Euch vor irgendwer verbreitet bei Twitter neben normalen Beiträgen auch andauernd solche Fakes, die auch als solche bekannt sind.

    Und dann twittert er, dass er in der S-Bahn-Linie 1 herumfährt und dass gerade Leute eingestiegen sind, die ihn merkwürdig verbal angemacht hätten. Würde jetzt als nächster Twitterbeitrag dort stehen „Sie packen Baseballschläger aus und wollen mich verprügeln! HILFE!“ – würde das jemand dann glauben?

    Wohl eher nicht.

    Sonntag, 13. Juli 2008 um 19:22 #
  2. Nils schrieb:

    Das ist wie mit dem kleinen Kind, das immerzu „Wölfe, Wölfe!“ rief. Dem glaubte dann auch keiner mehr.

    Aber: Ähmm… Ist das Szenario realistisch? Wer, wenn er sich in einem Notfall befindet, z.B. wie hier wenn Aggressoren auf einen zukommen, wer zückt in so einem Moment sein Handy/ Notebook und twittert? Wie wäre es mal mit dem guten, alten „Hilfe!“ rufen? 😮

    Sonntag, 13. Juli 2008 um 19:32 #
  3. Jens schrieb:

    Ja, genau das Beispiel mit den Wölfen lag mir auf der Zunge.

    Das Beispiel ist natürlich etwas überspitzt. Aber nehmen wir mal an, Du bist gerade eh am twittern. Natürlich kann man auch um Hilfe rufen, aber wenn keiner da ist? Da wäre wahrscheinlich eine Twitter-Nachricht die von xxx Followern gelesen wird hilfreicher.

    Sonntag, 13. Juli 2008 um 19:35 #
  4. Nils schrieb:

    Twitter-Addict! 😛

    Was nützt es mir, wenn ich ganz viele Follower habe, die aber auf der Arbeit, in der Bar oder zuhause hocken? Eine runtergehauen bekomme ich trotzdem. Da wird kaum einer loslaufen und mir zu Hilfe kommen… Und Twitter hat mir kein Stück geholfen. Höchstens, dass ganz viele antworten. Die Nase blutet trotzdem. 🙁

    Sonntag, 13. Juli 2008 um 19:41 #