Gentrifizierung der Schanze

Aufmerksame Leser sind sich der Problematik bewusst, da an dieser Stelle schon das eine oder andere Mal darüber geschrieben wurde: die Gentrifizierung von Hamburger Stadtteilen. Sei es das geliebte Ottensen, das mit Coffee-to-go-Höhlen und Klamottenläden zugeflastert wird, oder die Schanze.

Hauswand mit Spruch: Diese Wand bleibt buntIm Schanzenviertel ist der Widerstand gegen die Yuppisierung bekanntlich noch vorhanden. In Ottensen sind die Schönen bereits eingezogen, haben sich breit gemacht. Der seit etwas über einem Jahr zu Altona gehörende Stadtteil Sternschanze hat sie noch, die unruhigen, unzufriedenen Gemüter. Gut so. Zwar muss es nicht immer gleich ein Anschlag sein, sei es mit Farbbeuteln, Stinkbomben oder Dingen, die Fensterscheiben zerstören können. Dass sich Menschen aus dem Stadtteil, ihrem Quartier, gegen die kommerzielle Ausschlachtung ihres Stückchens Heimat wehren, ist nur zu begrüßen.

Die Mopo hat einen Artikel veröffentlicht, der aufzeigt, was sich gerade in der Schanze alles tut, was verändert wird. Veränderung ist gut, jedoch nicht, wenn plötzlich die Mieten rasant ansteigen, alteingesessene Geschäfte aufgeben müssen und — vermutlich — im nächsten Schritt die Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Schon hört man sie, die Entkernungs-Trupps, die die Häuser ausweiden und Platz für schicke, teure Eigentumswohnungen machen werden; oder für schwedische Bekleidungsläden — was kein Stück in die jetzige Schanze passt. Aber man arbeitet ja dran …

Wenn z.B. Politiker von „Wachsender Stadt“ sprechen, meinen die dann nicht in Wirklichkeit „Vertreibung der eigenen Bürger“? Die Gentrifizierung Hamburgs können wir mittlerweile in vielen Stadtteilen und Straßenzügen beobachten. Hier wird aufgeräumt — und der ganze alte Müll vor die Tür gekehrt. Auch wenn es menschlicher Müll ist. Muss das sein? Ist Schickimicke das erklärte Ziel?

So verliert eine Stadt ihr Gesicht. Normalerweise würde man sagen, man kann sich sein Gesicht nicht aussuchen, doch Hamburgs Gesicht wird schon seit einiger Zeit einem massiven, chirurgischen Eingriff ausgesetzt. Die Nase wird begradigt, die Falten gestrafft, Hautunreinheiten beseitigt. Am Ende wird ein glattes, makelloses und langweiliges Gesicht zum Vorschein kommen, das keine Ecken und Kanten mehr haben wird, keinen Charakter. (Dafür sorgt auch die Einheits-Architektur, die momentan überall umgesetzt wird.)

Noch ein bisschen „blaue Illumination“ gefällig …?

Kommentar (1)

  1. Das passiert doch schon mit den vertreibungen! Selber betroffen! Wenn jemand Hintergruende wissen moechte bitte eine mail an hamburgerinformationsradio@googlemail.com senden und mich darauf hinweisen, das ich alles zum Thema Gentrifizierung in einer Mail vom 11.11.2010 an
    Christian.Rogge@engelvoelkers.com abgespeichert habe, damit ich nicht alles neu tippen muss!

    Donnerstag, 11. November 2010 um 22:47 #