Hamburg zubetonieren

In der Zeit gibt es einen schönen kleinen Beitrag zum Thema „Clubs mit Beton verfüllen“. Dabei geht es um die drei Clubs an der Max-Brauer-Allee, die – nicht wie geplant im Dezember – im Laufe 2010 geräumt werden sollen. In dem Artikel fällt eine Passage auf:

Hamburg ist nicht Berlin und hat nicht noch überall ungenutzte Schuppen und Depots. Alle zentralen Orte sind Gegenstand von Spekulation, alles kostet ein Heidengeld.

Stimmt. Als ich im März in Berlin war, konnte ich in Berlin Mitte wirklich an beinah jeder Ecke leer stehende Gebäude sehen. Überbleibsel aus der DDR-Zeit, so schien es. Hässliche Bauten, mit schweren Türen und Brettern vor den Fenstern.

Waagenbau, Astra-Stuben und Fundbureau könnten in Berlin „mal eben“ umziehen, eine neue (kostengünstige) Location finden. Doch in Hamburg schaut das anders aus. Hier gibt es keine leeren Gebäude, die man okkupieren könnte. Hier wird jedes leere Haus (mehr oder weniger) sofort aufgekauft, abgerissen oder entkernt, modernisiert, aufgehübscht und auf den Markt geworfen. Zu entsprechenden Preisen. Versteht sich. Keine Chance für Subkulturen. Keine Chance für bezahlbaren Wohn- oder wie in diesem Beispiel Arbeits- bzw. Kulturraum. Hier muss alles sauber sein, geleckt, teuer. Kein Platz für Wildwuchs.

Aus diesem Grund bin ich auch kein großer Freund von der Idee, den Altonaer Bahnhof seiner Funktion zu berauben, den Fernverkehr nach Diebsteich zu verlegen und so ein frei werdendes Gelände als Baufläche auszeichnen zu können. Wir wissen doch alle, was dort für Wohnungen hinkommen. Von der Tatsache einmal abgesehen, dass eine große Brachfläche, ein kleines Ökosystem mitten in Hamburg, zerstört wird. Kein Platz für Wildwuchs.

Oder das ebenfalls in dem Zeit-Artikel angesprochene Bernhard-Nocht-Quartier: Die restlichen Häuser, die es dort noch gibt, alter Bestand, sollen ebenfalls – ganz nach der neuen Hamburger Art – „gefällt“ werden. Was kommt hin? Nobel-Wohnraum. Was sonst?

Ich war letztens mit einer Freundin auf der Ecke und habe sie einmal in das neue Quartier rund um den neuen Astra-Turm geführt. Sie war schon längere Zeit nicht mehr dort und kam aus dem Staunen und Kopfschütteln nicht heraus, so hässlich und unwirtlich fand sie die Bauten dort. Dem konnte ich nur zustimmen …

Unsere Stadtherren haben dermaßen viele Millionengräber eröffnet, die gefüllt werden müssen, dass die einst „reiche Hansestadt“ sich den Luxus nicht mehr erlauben kann, etwas unberührt zu lassen. Hier muss alles schnellst möglich veräußert werden — um Luxus bauen zu können (und etwas Geld in die Kassen zu spülen oder sich ein Denkmal zu setzen). Eben eine andere Art von Luxus …

Nur weil einige Menschen offensichtlich nicht mit Geld umgehen können, muss eine Stadt in Rekordzeit zubetoniert werden. Die Versiegelung der Stadt Hamburg ist nicht ohne Grund unter dem derzeitigen Spaß-EB so hoch, wie noch nie zuvor.

Schlusswort

Wie sagte doch mein Botanik-Professor immer so schön? Es gibt kein Unkraut. Das, was man allgemein als Unkraut bezeichnet ist kein Nicht-Kraut, sondern ein Wildkraut. Und das hat auch seine Daseinsberechtigung, seinen Sinn!

Eine Erkenntnis, die in Hamburg nicht jedem bekannt zu sein scheint.