Bereits im „Sommer“ (es regnete in Strömen, so doll, dass wir uns im Stadtpark schlicht verlaufen haben — eine andere Geschichte) sahen wir Alter Bridge. Damals noch als Vorband zu 3 Doors Down. Diesmal traten Alter Bridge als Hauptgig auf. Zwei Tage vor dem Konzert im Docks dann die Nachricht, dass Sänger Myles Kennedy (mal wieder) erkrankt sei. Das Konzert in Kolding, Dänemark, wurde gar abgesagt. Myles müsse sich schonen, hieß es offiziell.
Kumpel war schon extrem genervt. Er sah die amerikanische Rockband bereits zweimal und jedes Mal war der Sänger krank. Einmal, so erzählte er, war Myles nur mit dünner Stimme unterwegs und ließ vor allem das Publikum singen, das andere Mal sprang sogar Gitarrist Mark Tremonti ein. Der Mann kann zwar genial Gitarre spielen, aber man möchte schon den Sänger hören.
So standen wir bei Eiseskälte vor dem Docks und überlegten, ob wir die Karten noch verkaufen sollten. Wir ließen uns von der Menge in den Club mitziehen.
Da unten schon irgendwie alles voll war, sind wir gleich hoch auf die Empore und dort nach anfänglich anderem Standort, sogar nach ganz oben aufs Podest. Super Ausblick. Selbst ein 2,5m-Mann vor einem würde nicht stören.
Pünktlich um 20h fing die Vorgruppe an, von der ich zuvor noch nie etwas gehört hatte. Nun ist das Leben als Vorband — zumal einer nicht überall bekannten — ein schweres. Doch die vier Jungs von Black Stone Cherry haben mich voll begeistert. Die Stimme von Sänger Chris Robertson ist live noch rauer und kam sehr voluminös herüber. Die Musik war schnell, kraftvoll und die Jungs aus Kentucky haben den Laden richtig zum Kochen gebracht. Was auf der einen Seite toll ist, auf der anderen Seite steigt heiße Luft nach oben — und da standen wir. Sauna war nichts dagegen.
Eine satte Stunden spielten Black Stone Cherry. Da kamen schon Bedenken auf, ob Myles’s Stimme vielleicht doch noch nicht wieder da ist und man die Zuschauer mit der Vorband trösten wollte.
Eine halbe Stunde Umbau, dann wurden die Fans langsam unruhig. Endlich der Haupt-Act. Die Stimme von Myles war tatsächlich nicht 100%-ig da. Vor allem am Anfang ließ er gerne das Publikum laut grölen und machte die so beliebten Klatsch-Spiele „Linke Saalhälfte gegen rechte Saalhälfte“. Zum Glück fing sich der Stimmapparat von Myles Kennedy wieder und er konnte diverse Hits mit seiner über vier Oktaven gehenden Stimme darbieten. Na gut, vielleicht hatte er nicht das volle Spektrum zur Verfügung.
Interessanterweise fand ich Black Stone Cherry „lebendiger“. Die kleinen Jungs zappelten, hüpften, posierten, sprangen und wirbelten auf der Bühne — das war herrlich anzusehen. Irgendwie „putzig“, weil Bassist Jon Lawhon und Gitarrist Wells so dünne Hänflinge sind. Wohingegen Schlagzeuger John Fred Young das Mensch gewordene Tier aus der Muppet Show ist. Der trommelte wie ein Irrer, verlor immer wieder seine Sticks, hatte jedoch eine ganze Wagenladung stets griffbereit. Sein Solo war klasse.
Die „älteren Herren“ von Alter Bridge sind da eher gesetzter gewesen — oder einfach mehr Profi. Zwar sprach Myles Kennedy einige Mal mit dem Publikum, aber etwas mehr Persönliches hätte ich mir schon gewünscht. Mark Tremonti zog sein Ding ebenso durch wie Bassist Brian Marshall und Schlagzeuger Scott Phillips. Die beiden Letzteren waren da aber noch ruhiger als ihre Kollegen. Marshall stand breitbeinig in seiner Ecke und hat völlig unscheinbar gespielt. Phillips hatte zwar ebenfalls ein Solo, aber Young konnte bei weitem mehr begeistern.
Allerdings muss bemerkt werden, dass sich Kennedy an einer Stelle doch an seine beiden „kranken“ Konzerte in Hamburg erinnern konnte. Er meinte, dieses Konzert sei ihm so wichtig, weil er die beiden davor nicht richtig hat singen können. Das macht den Künstler doch schon wieder sympathisch, dass er sich an das kleine Hamburg doch noch erinnern konnte.
Ein gelungenes Konzert. Alter Bridge waren etwas steril und im Gegensatz zu Black Stone Cherry waren die „alten Herren“ schlechter ausgesteuert. Gitarre und Bass waren zu prominent, so dass Kennedys Stimme einfach schon deswegen unterging. Alter Bridge ist sowieso ein Konzertbesuch wert, aber auch die jungen Leute von Black Stone Cherry.
Nils, 15.11.2011
Achtung. Überwachung!
Interessant ist es übrigens, dass selbst ein Rockkonzert heutzutage nicht mehr vor den Übeln des technischen Zeitalters verschont bleibt. Zwar waren echt viele (natürliche) Glatzenträger im Publikum, dennoch sah man gerade von unserem Standort aus immer und überall Mobiltelefon-Displays leuchten. Es wurde geknipst und gefilmt, was das Zeug hielt. Obwohl ? das Filmen war verboten. Da lief ein Jüngelchen herum, das auf jedes Display geschaut und beobachtet hat, ob die Person ein Foto schießt oder filmt. Wurde das Konzert aufgenommen, wurde die Person höflich darum gebeten, dies zu unterlassen. Er machte einen guten Job! Bei uns oben nahm die Zahl der gezückten Mobiltelefone jedenfalls merklich ab.
In diesem Sinne …
Kommentar (1)
Korrekt, gutes Konzert und mal wieder eine gute neue Band entdeckt. Endlich auch mal eine bei der der Sänger live besser klingt als auf Platte. Womit ich eher rauer und nicht so glatt meinte. Ach ja, ich spreche von Black Stone Cherry.
Die alten Herren von AB habe ich schon besser erlebt, aber das ist schon okay.