Europäer können Amerikaner und ihre Liebe zu Schusswaffen nicht verstehen. Nach dem Amoklauf an der Schule von Sandy Hook gab es wohl niemanden, der nicht den Kopf geschüttelt hat über diese Waffennarren und ihre Uneinsichtigkeit.
Eine Woche nach der grausamen Tat stellte sich die NRA hin und behauptete allen Ernstes, man müsse mehr Waffen unters Volk bringen. Bewaffnet Hausmeister und Lehrer! Dann würde so ein Amoklauf an einer Schule nicht mehr passieren. Man weiß nicht, ob diese Leute nur ihre Verkaufszahlen im Kopf haben, oder schlicht und ergreifen nichts. Dieser Vorschlag würde in einer ungeheuren Massenaufrüstung münden. Alle kaufen wie wild Waffen. Verdammt, das ist sogar schon passiert. Man hört von gestiegenen Waffenkäufen nach dem Anschlag. Und wieder steht man als Nicht-Amerikaner daneben und versteht sie nicht, diese Waffenverrückten.
Mein erster Gedanke war eh: Gewalt mit Gewalt lösen? Keine gute Idee, liebe NRA.
Der Lobbymann kam dann bei seiner Pressekonferenz entsprechend auch wieder mit den üblichen, langweiligen Argumenten. Es sind nicht die Waffen, die böse sind, es sind Rockmusik, das Fernsehen, die Computerspiele. Sie werden nicht müde, diese Leier zu zupfen. Man fragt sich nur, warum dann in anderen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, nicht auch ständig solche Taten verübt werden. Vielleicht liegt es daran, weil wir nicht in jedem Haus eine Waffe haben?
Ein Film, der mich einst sehr beeindruckt hat, war Bowling for Columbine. Auch hier war ein Amoklauf an einer Schule das Thema. Gestern lief der Streifen wohl in den Staaten im Fernsehen und Regisseur Michael Moore rief zum Chat über Twitter auf. Hier zwei passende Antworten aus einem Haufen ähnlicher Tweets.
Erster Reflex nach der Tat in der Schule war: Ihr blöden Amis müsst endlich Euer Waffengesetz ändern! Nicht jeder Vollhonk darf sich unendlich Waffen zulegen. Wenn man ein Bankkonto eröffnet, darf es keine Waffe dazu geben. In Supermärkten darf man keine Munition mehr kaufen. Der Tweet von Michael Moore geht recht gut auf diese Forderung ein. Ja, das Gesetz muss geändert werden. Aber so lange die amerikanische Mentalität sich nicht ändert — Gewalt mit Gewalt begegnen —, so lange wird auch weiter schnell geschossen.
Auf das Thema der Gewalt in den Medien geht Moore ebenfalls ein.
Dass kanadische Kinder, die die selben Filme sehen wie ihre amerikanischen Altersgenossen, sich nicht die Waffen ihrer Eltern schnappen und an Schulen Amok laufen, hat also etwas mit der Mentalität der Nachbarn aus dem Norden zu tun. Ein passender Kommentar aus dem oben erwähnten Film war, darauf angesprochen, dass Kanadier doch auch so viele Waffen hätten, aber viel weniger Schussopfer: „Wir benutzen die eben nur zur Jagd.“
Also: amerik. muss sein Waffengesetz ändern. Ganz klar. Aber sie müssen auch eine Änderung im Kopf vornehmen. Ihr seid nicht mehr im Wilden Westen, ihr könnt nicht einfach unliebsame Genossen ungestraft über den Haufen knallen. Und nicht jeder „da draußen“ ist ein potenzieller Feind, der mit der Knarre in Schacht gehalten werden muss. Außerdem muss aus den Köpfen raus, dass die Medien ausschließlich für die Gewalt verantwortlich sind. Ja, sie werden wohl einen Anteil haben, aber noch einmal nach Deutschland geschaut: hier finden nicht so viele Übergriffe mit Waffen statt — trotz der selben Playlisten und Kinofilme.
Musik, das soll der letzte Gedanke sein, ist meiner Meinung nach übrigens nicht für Gewalt verantwortlich. Diese „böse Rockmusik“? Heavy Metal? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das ganz nette Leute sind, die über die Musik Dampf ablassen. Danach sind sie jedoch nicht aufgepumpt und laufen Amok … Ist Alkohol im Spiel, dann mag eine Grundaggressivität da sein, die aber nicht unbedingt auf die Musik zurückzuführen ist.