Magerfettstufe

Mensch, da hat der Senats-Bot. in seiner Sonntags-Postille sogar einmal einen netten Artikel verkündet. Es geht um die „Latte-Fraktion„, die sich in den ehemals alternativen und sog. Multi-Kulti-Vierteln breit macht. St. Georg, Schanze, Ottensen – alles Wohnquartiere, die „damals“ von Künstlern, Arbeitern, „Ökos“, Armen, Studenten und Freidenkern bewohnt waren. Ja, an manchen Stellen gab es auch Drogenabhängige. Doch die Politik, hier die Wohnungspolitik, hat diese Stadtteile für sich entdeckt und nun wandelt sich ihr Bild immer mehr.

Erst kürzlich war ich an einem Sonntagnachmittag mit einem Bekannten in Ottensen unterwegs. Wir wollten gemütlich einen Kaffee trinken. Das wird aber immer schwerer. Nicht weil es so wenige Cafés gäbe – die werden im Gegenteil immer mehr. Es ist die Art von Cafés: alle irgendwie ultra-schick und hipp. Das „Kernige“ oder „Urige“, das ich aus Ottensen kenne und das ich lieben gelernt habe, das verschwindet immer mehr. An fast jeder Ecke findet man eines dieser tollen Cafés, wo nicht mehr Kaffee, sondern Latte Macchiato auf den Tafeln steht. Und 10-Euro-Friseure sind gleich neben den Cafés zu finden. Mann, wer soll denn bloß so oft zum Friseur gehen?

Interessant und erschreckend finde ich, dass Gutachterbüros einen Stadtteil nur von „normale“ auf „gute“ Wohnlage hochzustufen brauchen und schon können die Mieten fröhlich angezogen werden. Die in den Artikel angesprochene Verdrängung von Mietern, die nicht zur „Latte-Fraktion“ gehören, wird voranschreiten. Ich frage mich nur, wo die Alteingesessenen alle hinziehen sollen? Alle aus Hamburg raus? Was bleibt dann übrig? Ein Hamburg, dass nur von gut verdienenden Mittdreißigern oder Mittvierzigern bewohnt wird? Alles sauber, alles rein? Das wird ein kaltes Hamburg. Hamburg – eine einzige HafenCity!?

Wobei ich einmal denke, dass es sich hierbei nicht um ein Phänomen handelt, das sich allein auf Hamburg begrenzt. In jeder Großstadt wird es, so vermute ich einmal, solche Fälle von feindlicher „Latte-Fraktion“-Übernahme geben. Schade.