Mensch muss ja auch mal etwas anderes lesen. Deshalb habe ich, da der Panini-Verlag den ersten Band von Y – The last man noch einmal aufgelegt hat, es gewagt, in diese Perle aus dem Hause Vertigo (gehört zu DC) einen Blick zu werfen. Da der erste Band zu dem Zeitpunkt meiner Entscheidungsfindung noch nicht veröffentlicht war – darüberhinaus auch noch zu teuer -, habe ich auf das Original zurückgegriffen. Die Geschichte aus der Feder von Autor Brian K. Vaughan und (Haupt-)Zeichnerin Pia Guerra ist schon länger am Laufen und auf 60 Ausgaben angelegt. Bei uns erscheint die Geschichte in Sammelbänden, die jeweils um die fünf US-Ausgaben enthalten. Der derzeit letzte Band, der erhältlich ist, ist der 9. Band Motherland. Der Comic ist „für Erwachsene“ empfohlen. Hauptsächlich wegen Gewaltszenen.
Schnell eine Zusammenfassung dessen, wie weit ich derzeit bin (Band 4 durch): Yorick ist irgendwas Anfang zwanzig, hat studiert und ist ein Hobby-Entfesselungskünstler. Da er auf einen Job wartet und seinem Leben etwas Sinn geben will, hat er ein Kapuziner-Äffchen bei sich aufgenommen, Ampersand (Kaufmanns-Und).
Die Welt wird von einer Plage heimgesucht. Alle männlichen Säugetiere, alle mit einem Y-Chromosom fallen weltweit auf der Stelle tot um. Jeder männliche Embryo, jedes Spermium – alles tot. Nur Yorick und Ampersand kommen davon. Wir erleben also eine Welt, in der die Frauen die Herrschaft haben. Yorick versucht mit Ampersand nach Washington zu gelangen, weil dort im Weißen Haus seine Mutter als Abgeordnete arbeitet. Nun ist der Weg dahin nicht leicht. Yorick bleibt im Verborgenen und muss sich gegen so manche Gefahr stellen. Da ist z.B. das ehemalige Super-Modell, das nun männliche Leichen von den Straßen entfernt, um von den Ordnungsbehörden ein wenig Essen zu erhalten. Die junge Dame will Yorick gleich mal verkaufen. Oder die Töchter der Amazonen, die über das Ableben der Männer hoch erfreut sind und jeder Frau, die einem Mann hinterhertrauert nachstellt. Die Amazonen-Töchter wollen natürlich auch noch den letzten Mann auf Erden von deren Antlitz entfernen.
Wer glaubt, der letzte Mann hätte das Paradies vor sich, der hat diesen Comic noch nicht gelesen. Yorick könnte natürlich versuchen im Alleingang die Weltbevölkerung wieder ansteigen zu lassen, aber er ist seiner Freundin treu, die zum Zeitpunkt der Seuche in Australien war und dort fest hängt. Yorick hat sich in den Kopf gesetzt, zu ihr zu fahren. Diesen Plan muss Yorick vorerst auf Eis legen.
In Washington angekommen machen sich Yorick und sein Affe zusammen mit der Regierungsbeamtin 355 und der Genetikerin und Klon-Forscherin Dr. Mann auf den Weg, um eine Lösung zu finden, die Population wieder mit ein wenig mehr Y-Chromosomen zu versorgen, resp. die Menschheit überhaupt vor dem Aussterben zu retten. Eine wilde Odyssee durch verschiedene Landstriche der USA zu Dr. Manns Labor beginnt. Neue Freunde werden gewonnen, neue Feinde erscheinen auf der Bildfläche. Es wäre zu lang hier zu schildern, was Yorick noch alles widerfährt — mal abgesehen davon, dass es den Lesespaß mildern würde.
Wie schon in dem genialen Film Children of Men, in dem die Menschheit steril wurde und somit langsam aber sicher aussterben wird, wird einem in Y – The last man auch schnell klar, dass es so nicht enden kann. Ein ungutes Gefühl baut sich in der Magengegend auf. Was wird aus der Menschheit? In dem Film von Regisseur Alfonso Cuarón wird nicht der Frage nachgegangen, bzw. nicht geklärt, warum die Menschheit steril wurde. In Y – The last man soll das Geheimnis gelöst werden. Es wird einem aber auch klar, dass die Männer eine ganz schöne Vorherrschaft aufgebaut haben. Die wenigsten Frauen können Kraftwerke bedienen, weshalb es kaum Strom gibt. Die meisten Piloten oder Lokführer waren Männer, d.h. die Transportwege liegen weitgehend brach. Und wer glaubt, eine Welt, die nur von Frauen bewohnt ist, sei friedlich, der irrt. Gewaltig.
Y – The last man ist intelligent, spannend, hat einen trockenen bis spritzigen Humor, eine gute Grundstory und macht süchtig. Die Empfehlung „für Erwachsene“ ist berechtigt. Nicht nur, dass ganz oft das F-Wort ausgesprochen wird, es ist „Violence and Nudity“ zu sehen. Wer die erste US-Ausgabe lesen möchte, kann das kostenlos auf der Vertigo-Seite machen. Dort gibt es das erste US-Heft als PDF. Zum warm werden. Danach geht der Spaß erst richtig los. Lese-Befehl!
Der ausgezeichnete Comic soll übrigens auch verfilmt werden. Aber irgendwie kommen sie nicht so recht in die Puschen bei New Line. Autor Vaughan hat ein Script fertig abgegeben und somit liegt der Ball in der Hälfte der Filmemacher. Aber dort zögert man wohl noch. Obwohl: Auf irgendeiner Seite habe ich sogar schon einen ersten Ausschnitt aus dem Film gesehen. Sah blöde aus, aber wenn ich lese, dass die Produktionsfirma noch nicht so weit ist, dann kann das auch ein anderes Projekt gewesen sein. Wenn ich doch nur wüsste, wo ich das Teil gesehen habe…? Mist.