Wenn ich lese, dass Naumann als SPD-Bürgermeisterkandidat mit großer Mehrheit gewählt wurde und gleich mal eine Rede „mit scharfen und polemischen Angriffen gegen den CDU-Senat und den Bürgermeister“ hielt, dann hat das im Senatsblatt prompt einen schalen Nachgeschmack. „Scharfe und polemische Angriffe“ klingt hier doch irgendwie abwertend. Wie konnte Naumann es nur wagen und den CDU-Senat samt Bürgermeister anzugreifen? Aber war ja klar, dass Naumann „ätzte“ und „vor persönlich verletzender Polemik nicht zurückschreckte“. So ein unverschämter Mensch muss selbstredend in der „freien Presse“ getadelt werden.
Ich denke jedoch, hätte ein Herr von Beust eine ähnliche Rede gehalten, dann wäre das nicht polemisch, sondern eloquent und spitzfindig, feinsinnig, weltmännisch, erfahren und hervorragend, eine Rede von einem Politiker durch und durch…
Wenn nicht andere Hinweise vorhanden wären, die Naumann klar abstempeln als bösen, bösen Buhmann, der von Beust bähbäh gemacht hat, dann könnte man fast denken, das Abendblatt möge den neuen SPD-Spitzenkandidaten. Wie das? Schaue ich mir bei Wikipedia die Begriffserklärung für Polemik an, könnte man beinahe ein positives Quäntchen in dem Artikel finden. Fast. Dort heißt es u.a.:
Polemik ist keineswegs unfair oder „unsachlich“; es wird zwar oftmals überspitzt und streitbar, jedoch auch ergebnisorientiert debattiert; die Auseinandersetzung wird förmlich gesucht.
Die Auseinandersetzung wird gesucht? Dann mal los, Herr Bürgermeister, zeigen sie uns doch, wie spitzzüngig und wohl formulierend sie sind.
Wobei — ich erinnere mich an eine Übertragung im Internet, da wurde dem Strahlemann von Beust in der Bürgerschaft eine unangenehme Frage gestellt (ich glaube zum PUA, mag mich aber auch irren), schon stürmte er empört aus dem Saal. Oder wie war das noch mit dem Glaskubus auf dem Domplatz? Als „sein Baby“ endgültig gescheitert war, musste seine Kultursenatorin vors Mikrophon treten und das Scheitern eingestehen. Vom Bürgermeister keine Spur. — Oh, ich glaube, ich war eben polemisch!…?