Letztens ist unser Opa gestorben. War nicht so schlimm. Der Opa war ja auch schon bangig alt. Hat viel erlebt, jedenfalls hat er immer viel erzählt, wenn der Tag lang war. Aber auch an kurzen Tagen. Jedenfalls ist er nun nicht mehr.
Die Beerdigung war groß, es gab gutes Essen, Tante Uschi hat was gesungen. Das war dann schon wieder nicht so schön. Ich glaube, der Opa hat sich da das erste Mal umgedreht. Glücklicher o.a. Die Tante Uschi kann nämlich gar nicht singen. Es traute sich nur niemand, ihr das zu sagen. Also hockten wir da alle milde lächelnd und innerlich tausend Tode sterbend, betend, dass die Tante endlich aufhört. Hat sie dann auch irgendwann.
Wenn so einer stirbt, dann bleibt bekanntlich nicht nur eine Lücke übrig, sondern auch Dinge zum erben. So auch beim o.a. Eine Woche nach der Beerdigung gab es dann für einige Eingeladenen die Testamentsvollstreckung. Hat mich etwas überrascht, aber auch ich erhielt eine Einladung. So saß ich dann bei Kuchen und Tee beim Herrn Fischer in der Kanzlei und wartete mit gut zehn anderen Verwandten auf das, was der Opa uns da überlassen hat.
So ganz klar bin ich mir noch nicht, ob der Opa mich nun gemocht hat, oder ob ich ihn zu Lebzeiten irgendwie verärgert habe und er sich nun aus dem Grabe an mir rächen wollte. Was ich da bekam, war jedenfalls nicht so der Bringer. Finde ich. Der Herr Fischer hat mir mit feierlicher Stimme verkündet, dass der Opa mir den Inhalt seiner Gartenlaube vermacht hat.
Erster Gedanke war, was ich bitte mit alten 60er-Jahre Möbeln, Spitzendecken, alten, verkratzten Schallplatten und vermutlich einigen Gartengeräten anfangen solle!? So ein klein bisschen habe ich in dem Moment den Opa schon verflucht. Idiot der. Kleiner, vergrätzter, hinterhältiger Mistkerl. Gut, dass Du unter der Erde bist…
Am nächsten Tag bin ich dann in den Schrebergarten gefahren und habe mir den Inhalt der Gartenlaube angeschaut. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass das eine echt große Gartenlaube ist. Zweieinhalb Zimmer und ein Schuppen auf dem Platz. Direkt neben dem Miniteich, an dem sich eine Entenfamilie aus Plastik tummelt.
Der erste Eindruck war ein olfaktorischer. Meine Herren, was müffelte das da in der Hütte! Alt. Abgestanden. Staubig. Offensichtlich war der Opa zu Lebzeiten auch schon länger nicht mehr in der Hütte gewesen. Irgendwo gurgelte eine kleine Heizung, die die Temperatur immer – das stellte ich später fest – auf einer konstanten Temperatur hielt.
Dann der Schock. Die alten Möbel und Spitzendeckchen, die ich aus meiner Kindheit kannte, waren alle verschwunden. Die Laube war voll mit Stellwänden, Schränken, Vitrinen und unzähligen Alben, die auf dem Boden oder in den Schränken und Vitrinen lagen. Überall hingen, lagen oder lagerten bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit Bierdeckel! Der Opa hat wohl die größte Bierdeckelsammlung der Welt zusammengetragen. Biersorten und Motive, die ich nie gesehen habe. Der Wahnsinn. Ich habe mich ein wenig durch die Deckel gewühlt und es tauchten immer wieder neue Biere, Jahrgänge, Stile und-was-weiß-ich aus aller Herren Länder auf.
So großartig die Sammlung ist, ich wollte sie dann doch nicht behalten. Wegwerfen wäre zu schade. Die Laube nur für die Bierdeckel weiter zu mieten, fand ich auch blöde. Da dachte ich mir, wie wäre es, wenn ich die Sammlung einfach der Stadt Hamburg vermachen würde? Der Tamm bekommt für seine Nazi-Sammlung (99 Jahre mietfrei) sein eigenes, historisches und von Grund auf saniertes Gebäude in der Schicki-Micki-HafenCity und auch irgendwelche No-Name-Ex-Studenten, die sich aufs Sammeln von Porsche-Fahrzeugen versteift haben, bekommen ihren Platz in der HafenCity. Warum nicht die wohl größte Sammlung von Bierdeckeln? Das wäre doch ein Publikumsmagnet, dachte ich mir.
Also wendete ich mich an die Stadt Hamburg und schlug denen vor, auch mir für lau ein Gebäude oder wenigstens drei Etagen in einem Gebäude in der Schicki-Micki-HafenCity zu überlassen. Dabei malte ich denen sogar aus, wie ich mir das vorstelle: Chronologisch und nach Ländern geordnet, überall Computerdisplays, die Querverweise herstellen und einen dann zu verwandten Bierdeckeln leiten können, eine Abteilung mit Bierdeckeln, auf die bekannte Persönlichkeiten (andere als der o.a. etwas geschrieben haben, eine Ecke für die Kleinen, wo sie mit Bierdeckeln um sich schmeißen können oder daraus Dinge basteln können. Und selbstverständlich muss ein Bierdeckelmuseum auch eine eigene Bar haben, wo man eine riesige Anzahl verschiedenen Biersorten (mit den passenden Bierdeckeln) konsumieren kann.
Wurde abgelehnt. Die Stadt Hamburg ist eben nur auf edlen Protzkram (Leuchttürme) aus. Oder man muss „Beziehungen“ haben, wie der Tamm oder die beiden Ex-Studis (von welchem Bonzen oder Politiker sind das wohl die Söhne oder Enkel?). Bierdeckel haben keine Chance in Hamburg. Egal, dass es die wohl größte Sammlung dieser Papp- und Plastikunterleger ist, die Millionen von Bierdeckelfanatiker von überall auf der Welt nach Hamburg gezogen hätte…
Ich mache daraus jetzt Pappmaché-Häschen für Ostern.
Kommentare (4)
sagen wir mal so – der o.a. seine laube und die deckel werden mir zumindest in erinnerung bleiben :-))
(wären nikolausis aber nicht eher dran?)
hi nils,
gab/gibt es die bierdeckel wirklich ? ich sammle das zeug…. und hätt interesse.
tschuess
axel
Hallo, auch ich habe bierdeckel abzugeben. Es sind ca. 60.000 Stück, sauber abgelegt in Ordnern. Sortiert nach Städt. und Länder.
hallo silvia wieland, mich interessieren die bierdeckel! aber wie kommen wir zusammen…vielleicht kann der autor helfen, danke!