Mit Angst geht alles

Noch einmal in Sachen Datenschutz, Vorratsdatenspeicherung und „innere Sicherheit“: Mit Angst geht alles. Nur schön die angebundenen Medien nutzen und Panik-Überschriften produzieren lassen, dann kann man damit alles erklären, rechtfertigen und durchsetzen. Und seien es nur magere sechs gefälschte Pässe — die reichen aus als Grund.

Ein gutes Beispiel ist doch in dem gesegneten Land amerik. zu sehen. Nach dem 11. September wurde der Patriot Act durchgewunken. Niemand hatte ihn gelesen in der kurzen Zeit vor der Sitzung, aber da alle von Angst geschüttelt waren, wurde er abgesegnet. So ähnlich auch hier in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung.

Robert Redford sagt zu der Situation nach dem 11. September in einem SZ-Interview sehr passend:

Doch nach den Anschlägen stand das Land unter Schock, war so verletzt, verwirrt, verängstigt, weil wir uns plötzlich so verwundbar fühlten. Und die Regierung gab die Parole aus, dass wir jetzt zusammenhalten und alle Fragen, Probleme und Zweifel beiseite schieben müssten. Das taten wir, doch damit haben wir eben auch einige Freiheiten, wie die der Meinungsäußerung aufgegeben. An jedem Haus, auf jeder Veranda wehten damals amerikanische Flaggen, jeder bekam plötzlich Angst seine Zweifel zu äußern, und das hat die Regierung ausgenutzt. Sie hat die Angst geschürt, bis zu dem Punkt, an dem jeder, der seine Stimme erhob und eine Frage stellte, als unpatriotisch galt.

Bei uns wird auch Angst geschürt. Katharina Langer kommentiert die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung auf der ZEIT-Seite. Sie beschreibt, dass Deutschland nicht mehr Gesetze bräuchte, sonder mehr Polizisten, mehr Ordnungshüter. Gesetze machen ist billig, Polizisten, Menschen einzustellen teuer. Also nehmen wir lieber die Billigmethode.

Frau Langer spricht ebenfalls das Thema Angst an:

In dem Bestreben, gefährlichen Übeltätern die unbeobachtete Kommunikation unmöglich zu machen, stellt sie [die Politik – MFS] all jene unter Generalverdacht, die nichts dergleichen planen, schätzungsweise also 99 Prozent der Bevölkerung. Das jedoch gebiert nicht Sicherheit, sondern Angst und Verunsicherung. Es führt nicht zu dem Selbstbewusstsein, das unserer freien Gesellschaft gut anstünde, sondern zu angepasstem Verhalten und zu Trotz.

Wenn Angst im Lande umgeht… Das hatten wir doch schon einmal in Deutschland? — In Großbritannien bekommt das eine Gruppe schon zu spüren. Britische Muslime fürchten eine „Stimmung wie in Nazi-Deutschland„. Wie fühlt man sich als heranwachsender Muslim, wenn der Geheimdienstchef Jonathan Evans verkündet, Al-Kaida-Aktivisten würden schon britische Kinder zu Selbstmordattentätern heranziehen? Wie wirkt das auf die Bevölkerung? Mag man sich da noch in die Nähe eines Bärtigen begeben? Ist nicht jedes dunkelhäutige Kind suspekt? Fühlt man sich als Muslim nicht permanent schuldig?

Der Philosoph Slavoj Zizek äußerte sich in einem Filmbeitrag ebenfalls sehr passend zum Thema Angst. Die Angst ist mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie bestimmt unser Leben:

(…) Aus diesem Grund ist Angst heutzutage die wichtigste politische Triebkraft. Die Angst mobilisiert die Menschen. Die politischen Gruppen der Gegenwart haben Angst, sie werden von Angst getrieben, der Angst vor Immigranten, sogar vor den Linken, Angst vor einem zu starken Staat, Angst vor Steuern. Es ist Unfruchtbarkeit per se, wenn das, was einen vorantreibt nur Angst und Vergnügen sind.

Hört man Zizek, möchte man resignieren. Angst als Motor, der fest verankert ist und, wie die Beispiele oben zeigen, auch immer mehr angewendet wird (um mehr Angst zu produzieren). Wann fing das an? Wie viel Anteil haben unsere Medien daran…?

Es ist so leicht, eine angsterfüllte Herde zu leiten. Es sei denn, die Angst nimmt Überhand und die Herde fängt an zu bocken, auszubrechen. Dann wird es gefährlich.

Zum Thema Telekommunikationsüberwachung: Die Amerikaner hatten ihr 9/11, jetzt haben wie unseren 9.11.