Streik

Nicht ich gehe in Streik. Das würde zwar auch keinem auffallen, aber* ich halte die Stellung. In Deutschland wird man wohl keine streikenden Schreiberlinge vorfinden. Anders in den Staaten, wo schon seit einiger Zeit der Autorenstreik am Laufen ist. Die Golden Globes-Verleihung fiel deswegen gestern auch sehr schmal aus.

Nein, in Deutschland wird nicht gestreikt. Warum auch? Die Schreiberlinge vom Fernsehen sind nicht organisiert und wenn sie den Mund aufmachen, stehen schon zehn andere, hungrige Autoren in der Schlange, die eine TV-Sendung für noch weniger Geld schreiben. Wobei es anscheinend auch nicht mit einem Entwurf getan ist. Deutsche Schreiber müssen wohl – aus Angst vor den Sendern – immer gleich mehrere Geschichten abliefern. Viel wird vermutlich für die Tonne produziert.

In einem interessanten Artikel auf der Onlineseite der F.A.Z. findet man u.a. diese Aussage:

(…) Stattdessen geben die Fernsehsender den Ton an. Und die meist freischaffenden Autoren spielen eine gänzlich andere Rolle als in den Vereinigten Staaten. (…) Bücher werden in der Regel von Produktionsfirmen und Sendern angestoßen, und die haben sehr genaue Vorstellungen von dem, was geschrieben werden soll. Vor allem die Sender weichen oft keinen Millimeter von ihren Zielgruppenvorgaben ab, deren Vorlieben in aufwendigen Marktforschungen ermittelt wurden.

Somit ist das Geheimnis gelüftet, warum es in Deutschland keine (oder seeeehr wenige) guten Serien gibt. In den Sendern sitzen geldgeile Kastenköpfe, die nur Programme nach Zielgruppen maßschneidern. Mut, Witz, Frechheit, Originalität — alles Eigenschaften, die dabei auf der Strecke bleiben. Schade.

Und selbst wenn in Deutschland wirklich jeder Schreiberling seine Feder beiseite legte. Egal. Dann werden, wie es in den Staaten gerade gemacht wird, die Lücken eben mit miesen und billigen (wertend, aber auch ökonomisch gesehen) Reality-Sendungen aufgefüllt. Fällt eh nicht auf. Der Zuschauer wird auch hierzulande schon seit einiger Zeit ans Dumm-Programm gewöhnt. Im Fernsehen, im Radio, in den Printmedien. Wahrscheinlich wird er das Mehrangebot an Low-Level-Sendungen noch mit offenen Armen empfangen…

Nachdem die Fernsehsender ihr Fett abbekommen haben, noch eine Frage. Ich möchte damit nicht den Schauspielern auf die Füße treten, aber: Wie mies sind eigentlich deutsche Schauspielschulen? Was da rauskommt ist hölzern, leidenschaftslos, blass. Oder werden die auch alle nur nach Zielgruppenvorgaben gecastet. Von der Straße weg? Egal, ob eine entsprechende Ausbildung dahinter steckt, oder nicht?

…oder doch Streik?

So ganz stimmt die Aussage mit dem „in Deutschland wird nicht gestreikt“ nicht. Felo streikt. Hier, hier, hier, hier, ja sogar Steine und Goldschopfpinguine kommen zu Wort.

*) An dieser Stelle erwarte ich mitleidsvolle und tröstende „Ohhhh“- und „Neinnn“-Rufe.

Kommentar (1)

  1. michael schrieb:

    dem letzten streik der writers guilde haben wir diesen schwachsinn mit talkshows und „realitäts“ verlust sendungen zu verdanken :-0

    noch schlimmer als diese betonköpfe sind aber (wir) deutschen krativlinge – allesamt egoistische arschlöcher – wer kennt bei uns denn so etwas wie solidarität oder lebt sogar danach – stell dir mal vor die betonköpfe würden keinen deppen finden?

    Montag, 14. Januar 2008 um 19:27 #

Trackbacks/Pingbacks (2)

  1. Zielgruppenprogramm nach Vorschrift? » dyingeyes weblog am Dienstag, 15. Januar 2008 um 10:50

    […] Autoren nach marktforscherisch vermeintlich genau ermittelten Zielgruppenvorstellungen schreiben? Nils meint das annehmen zu können und schreibt: Die Schreiberlinge vom Fernsehen sind nicht organisiert […]

  2. Fel-O-Rama » Kultur am Samstag, 19. Januar 2008 um 11:19

    […] Eure kulturelle Bereicherung zu tun – in literarisch mageren Zeiten, wie diesen, wo mittlerweile doch viel mehr gestreikt wird als zuerst angenommen, scheint dies denn auch dringend vonnöten. Ich präsentiere in diesem Sinne das soeben neu […]