In der ZEIT ist ein Bericht über Hamburgs Spaß-EB, über „das Phänomen“, das alle beim Vornamen nennen. Beim Durchlesen des Portraits fielen doch einige Sätze auf:
(…)das Phänomen, dass da einer regiert, ein Christdemokrat in einer sozialdemokratisch geprägten Stadt, der Entscheidungen trifft, die andere das Amt kosten würden, der Krankenhäuser privatisiert, Studiengebühren erhebt und sich eigenmächtig über Volksentscheide hinwegsetzt und der dennoch für die meisten Bürger vor allem eines bleibt: der nette Ole.
Stimmt schon. Dieser Senat, mit diesem Bürgermeister als Kopf, hat sich so viele Fehltritte erlaubt, hat wie kein anderer auf die Meinung der Bürger gepfiffen und dennoch musste weder der EB noch einer seiner Senatoren gehen. Gemusst hätten sie mehrfach.
Der Besuch in einem Eltern-Kind-Zentrum verlief – wie sollte es anders sein – unproblematisch:
Der Besuch wird nie peinlich, er wird aber auch nicht politisch.
Das wird in dem Zeit-Beitrag deutlich, dass dieser EB unpolitisch ist. Ist er vielleicht deswegen so beliebt? Weil er, wie der EB selber nie müde wird zu bekunden, „einer von uns“ ist? Wenn der oberste Hirte sich nicht wirklich auf das politische Parkett begibt, wenn er sich von der Poltik fern hält – dann passt das doch wunderbar zu den vielen Bürgern, die mittlerweile auch alle keine Lust mehr auf Politik haben. Gleiches gesellt sich zu gleichem.
(…) je näher man herankommt, je häufiger man von Beust in diesem Wahlkampf zuhört, je länger man ihn auf seinem täglichen Gang über die Hamburger Wochenmärkte begleitet, desto schwerer fällt es zu sagen, wofür er streitet.
Der Bericht bescheinigt dem EB, er würde nicht bei unangenehmen Fragen ausweichen. Er wäre zwar nicht der Erste, der vorprescht und (unpopuläre) Dinge verkünde, darauf angesprochen, würde er jedoch auch antworten.
Er weicht nicht aus, das nicht. Aber man wird den Eindruck nicht los, als müsse der Politiker von Beust zur Politik häufig erst gezwungen werden.
Dazu fällt mir ein, dass der Mann, der erneut das Bürgermeisteramt anstrebt — wenn nicht, dann sei auch Schluss mit der Politik —, dass dieser Mann sehr wohl „ausweicht“. Mir schweben da Bilder vor, dass er bei für ihn unangenehmen Fragen in der Bürgerschaft auch schon mal aufgestanden und den Saal verlassen hat. „Termine“. Ja nee, is‘ klar…
Zustimmen muss ich dem Kandidaten, wenn er behauptet, sein später Wahlkampf-Start sei dadurch zu erklären, da die Entscheidung erst in den letzten Wochen falle. Ein Hoch auf das Kurzzeitgedächtnis der Wähler. Man kann also noch so viel fragwürdige Entscheidungen getroffen haben, man darf den Bürger nur kurz vor der Wahl nicht noch einmal daran erinnern. Dann klappt das auch mit der Wiederwahl.
Bis dahin wollte er die Menschen nicht zu sehr belästigen.
Aber dann geht es richtig los! Schwarze Straßen überall. War letztens mal jemand am Johannes-Brahms-Platz? Eine große Kreuzung, die, seit der Spaß-EB in den Wahlkampf eingestiegen ist, sowas von schwarz ist. An jeder Ecke grient der Mann mehrfach auf den Autofahrer nieder. Von den Briefen wollen wir hier nicht noch einmal anfangen…
Kurz vor dem Ende des Berichts wird noch einmal herausgekehrt, dass der (Noch- ?) Bürgermeister aber auch „härter und weniger nett“ sein kann. Beispiel gefällig? Seine Übernahme Hamburgs mit Hilfe einer rechtspopulistischen Partei. Ein Punkt, den der Wähler heute gerne vergisst. (Da war es wieder das Kurzzeitgedächtnis…) Auch dazu hat der Mann, den „alle“ lieben eine „harte“ Antwort:
Koalitionen seien keine Frage der Moral.
Man kann auch sagen: Ich will an die Macht und gehe dafür über Leichen.
Hilfe von außen
Bleibt die Frage, warum ein Mann, der ohne Moral koaliert, der eine Un-Politik fährt, die so manchem den Kopf gekostet hätte, warum dieser noch immer im Amt ist!? Hier darf ich einmal mehr den hochgeschätzten Herrn S. anführen, der gestern von einem Video sprach, an das er sich erinnerte. Dieses Video wurde 2004 während des Rede-Duells zwischen „unserem“ Spaß-EB und dessen (zugegeben farblosen) Herausforderer Mirow aufgenommen (das Video habe ich online nicht gefunden, dafür ein Teil-Transkript). Das Duell fand wohl in der Springer-Passage statt. Da trat auf einmal ein Mann mit einem Haargel-Problem auf, begrüßte den Beust (Mist, jetzt habe ich doch seinen Namen geschrieben…) und man wurde sich dessen schnell bewusst: hier treffen sich zwei alte Freunde. Der Politiker und der Chefredakteur eines omnipräsenten Fischeinwickelblatts.
Wenn man also eine solche Medienmacht hinter sich hat, darf man sich auch nicht wundern, wieso der Mann am kommenden Sonntag erneut so gut abschneiden wird. 🙁 Wozu hat man denn Freunde?