
Die letzte Scheibe von Niels Frevert kam 2003 heraus. Vier Jahre mussten die Fans des Hamburger Jung auf neuen Nachschub warten. Und dieser wurde sehnlichst erwartet! Doch wie heißt es so schön: Gut Ding will Weile haben. Die Jahre haben sich gelohnt, hat der ehemalige Nationalgalerie-Sänger (Langsam reicht es mit der ollen Kamelle, Niels Frevert ist solo. Punkt.) neun kleine, wunderschöne Perlen geschliffen. Wie es auf der Seite seines Plattenlabels Tapete Records so schön heißt, produziert Frevert viel, feilt, schleift, poliert und schmeißt das Geschaffene in den Müll — weil es einfach noch nicht richtig sitzt. Viel Ausschuss, damit endlich neun herrliche Lieder entstehen konnten.
Gab es auf seinem Debüt-Album noch viel Rockiges und auch auf dem letzten Silberling „Seltsam öffne mich“ einige Drucklieder, ist „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“ dominiert von akustischer Gitarre und Streichern, zwischendurch noch ein Vibraphone. Zusammen mit Freverts Texten und seiner ganz leicht rauchigen, gebrochenen Stimme sind dabei so verdammt schöne Stücke herausgekommen, dass ich befürchte ins Kitschige abzudriften. Was ich nicht möchte…
Frevert tut das schließlich auch nicht, ins Kitschige abdriften. Begleitet von hohen Geigen, gestrichenem Schlagzeug und seiner Gitarre Sing. er z.B. auf dem Titel gebenden Lied „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“:
Ich will blühen, erblühen
In deinen Armen, und verblassen
Bei jedem anderen Künstler wäre das hart ins Kitschfach gerutscht, bei Frevert ist das einfach nur schön.
Ich mag es, wenn Musikstücke sich langsam aufbauen, wenn ein Musikinstrument nach dem anderen hinzukommt und am Ende richtig gerockt wird. Auf der neuen Scheibe von Frevert gibt es auch so ein Stück. „Baukran“ baut sich ebenfalls auf. Nur dass am Ende nicht gerockt wird. Über Gitarre und Schlagzeug geht es hin zum Streicher-Quartett.
Nun muss man aber nicht „befürchten“, ausschließlich ruhige Stücke präsentiert zu bekommen. Das Lied „Ich möchte mich gerne von mir trennen“ ist beschwingt und ein Kopfnicker – mit einem Bier oder einem Cocktail in der Hand (und nebenbei von Hildegard Knef aus dem Jahre 1974). „Der Typ, der nie übt“ und „Genug ist genug, Gnu“ lösen sich aus dem sonst besinnlichen Teppich heraus und bringen etwas Tempo in die verträumten Gedanken.
Die dritte Solo-Scheibe vom Frevert ist wunderbarer… — Ja, was eigentlich? Pop? Pop ist das nicht. Pop ist populär Musik, Musik für die Masse. Dies ist aber Musik für Genießer. Leider nur knappe 31 Minuten lang, aber dafür ist das eine schöne halbe Stunde, die durch die Repeat-Taste aneinandergereiht, viele herrliche Stunden ergeben kann.
Nils, 29.02.2008
Kommentare (2)
Schön, die werd ich mir auch mal anhören. So richtig überzeugt von der letzten Platte war ich zwar nicht, aber live ist Herr Frevert immer eine Freude.
Niels Frevert ist ruhig, genug einfühlsam nicht zu nerven, und vor allen Dingen Live echt geil! Zwischen sympatisch und verwunderbar fällt mir ein wenn ich die Songs höre. Niels zeigt dem deutschen LiederGesangsRythmusGeschrabbel in Form von R.May bis nicht mehr zum Aushaltenden… Hoffnung, es gibt sie noch die echten Liedkünstler.
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[…] Nun ist es also offiziell, dass am 30. Januar die neue Scheibe in den Läden erscheinen wird. Freue mich drauf! Auf der Seite ihres Plattenlabels Tapete Records, kann man schon einmal in drei Stücke reinhören. Mir gefällt auf Anhieb das leichte, sommerliche “Sommernacht”. Schöner Pop mit Streichern unterlegt. Da stehe ich auf meine alten Tage wohl drauf. […]