Verträge sind zum Lesen da

Gestern unterhielt ich mich mit einem Jugendlichen. Da ich im Alter-Einschätzen stets schlecht bin, sage ich, er muss knappe 18 Jahre alt gewesen sein. Jedenfalls meinte der Junge irgendwann aus heiterem Himmel, wie nervig es ohne Flatrate sei. Flatrate? Ich denke dabei natürlich immer erst in Richtung Internet-Flatrate. Die meinte der junge Mann aber nicht. Er sprach von einer Mobiltelefon-Flatrate. Seine sei jetzt ausgelaufen.

Nett, wie ich bin, fragte ich nach, um das Gespräch aufrecht zu erhalten. „Wieso abgelaufen?“ „Ja, die Flatrate lief nur drei Monate. Hat 0 Euro gekostet. Jetzt ist sie alle.“ „Wo denn das?“ „Bei O2. – Aber meine nächste wird in den kommenden Tagen freigeschaltet. Dann kann ich wieder frei telefonieren und muss nicht immer darauf warten, dass man mich anruft.“

Nun kamen noch ein paar Details zu den Verbindungen, die mich nicht wirklich interessierten.

Zuhause kam mir diese Aussage wieder hoch: Drei Monate Flatrate für 0 Euro? Die nächste ist schon in der Mache? Das kann doch nicht stimmen. Offensichtlich hat er das Angebot so verstanden, dass er für drei Monate umsonst eine Flatrate hat und wenn diese Frist abgelaufen ist, macht man einfach noch einmal so einen Vertrag. 😮

Ein Blick auf die Homepage des Anbieters präsentiert mir auch gleich einen Werbebanner, der eine Aktion anpreist. Diese wirbt tatsächlich mit „3 Monate gratis!“. Klickt man drauf, sieht man gleich, was man doch für ein Schnäppchen macht. Es entspricht schon der Wahrheit, dass die ersten drei Monate dieses Flatrate-Pakets umsonst sind. Aber klickt man erst einmal ein wenig rum, erfährt man, dass man einen 24-Monate-Vertrag abschließt. Die restlichen 21 Monate kostet der Spaß 21,25 Euro. Das hat der gute Junge nur nicht ganz verstanden. Vermutlich wurde er auch nicht wirklich darauf hingewiesen, oder die Augen waren so groß, dass die Ohren durch das breite Grinsen verdeckt wurden.

So zieht er also los und lässt sich gerade den zweiten 24-Monate-Vertrag freischalten. Den Mobiltelefonhersteller wird’s freuen. — Und das ist der Grund, warum man in der Schule Lesen lernen sollte. Ich denke, der junge Mann ist kein Einzelfall. Es dürfte viele solche Jugendlicher geben, die in diese Falle tappen… :nene:

Wir haben sogar Fälle gehabt, bei denen die Betroffenen bis zu sechs Handy-Verträge parallel abgeschlossen hatten und nun nicht mehr wussten, wie sie die anfallenden Gebühren aufbringen geschweige denn aus den Verträgen herauskommen sollten.

Dies ist eine Aussage aus dem Jahre 2006 – und damals war wohl noch nicht an Flatrates fürs Mobiltelefon zu denken. Ebenfalls aus dem Jahr 2006 stammt diese Aussage:

Rund 250.000 junge Erwachsene führt die Schufa bereits wegen Handyschulden.

Vermutlich wird sich diese Zahl nicht unbedingt verringert haben. Der junge Mann, mit dem ich mich unterhielt, ist also nicht alleine. Als Grund wird oft das Elternhaus angegeben. Wenn die Eltern einen allzu lässigen Umgang mit dem Geld vorleben, dann wird dieses Verhalten offensichtlich schnell übernommen. Umso wichtiger, dass man in der Schule auch auf solche Themen hinweist.

Was uns zu einer anderen Diskussion führt: Was muss eigentlich noch alles in der Schule gelehrt werden? Ist ein Abi nach 12 Jahren sinnvoll und machbar? Doch das soll nicht an dieser Stelle erörtert werden…

Kommentare (3)

  1. michael schrieb:

    wann hats du das letzte mal eine eula einer software durchgelesen, die du auf deinem mac installiert hast?

    Mittwoch, 9. April 2008 um 09:34 #
  2. Boris schrieb:

    Dieser Junge gehört schlicht der idealen Zielgruppe an. Ein Traum von einem Kunden.

    Mittwoch, 9. April 2008 um 10:15 #
  3. Matthias schrieb:

    Falls dieser Junge die Test-Aktion für den Genion-L-Tarif meinte, hatte er schon Recht. Allerdings ist das nicht ganz kostenlos, sondern kostet 5 Euro im Monat. Trotzdem schließt man damit KEINEN 24 Monats-Vetrag ab! Hier das Kleindgedruckte:
    Ein O2 Genion Tarif mit Festnetznummer und Homezone ist nicht überall verfügbar. Verfügbarkeitsprüfung unter http://www.o2online.de/goto/check möglich. Gilt bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages von O2 Germany im Tarif O2 Genion L (Test-Aktion), Vertragslaufzeit 3 Monate (der Vertrag endet automatisch), mtl. Basispreis 5,- ?, Standard-Inlandsgespräche 0,- ?/Min. (gilt ins dt. Festnetz und ins Netz von O2 Germany, außer Rufumleitungen) bzw. 0,19 ?/Min. (gilt für die übrigen Standard-Inlandsgespräche), Taktung aus der Homezone 60/60, unterwegs 60/10. Die SIM-Karte ist in einem Handy ohne SIM-/Net-Lock nutzbar.

    Mittwoch, 9. April 2008 um 12:04 #