Spaziergang mit der Kamera durch Ottensen, um Häuser aufzunehmen (mehr dazu später). Mein Weg führte mich auch in die Gaußstraße. Unzählige Male bin ich bereits mit dem Fahrrad daran vorbei gefahren, aber als unkultivierter Kino- und nicht Theatergänger, war ich bis dahin noch nie auf dem Gelände des Thalia-Theaters. Also gehe ich *lalala* summend auf das Gelände. Zur linken Hand ein riesiger, weißer Betonbrocken: Fundus und Probebühnen. Zur rechten Hand ein für Ottensen u.a. typischer Rotklinker. Hier ist ein extern gelagertes Restaurant ansässig. Dann schaut man über einen Parkplatz und ganz am Ende ist der Eingang zum Theater. Ich mache ein Foto von dem Backsteinhaus und will gerade gehen, als ein Mann schnellen Schrittes auf mich zugeht.
„Was machen Sie hier?“ will er wissen. „Och, nur ein Foto“ antworte ich. „Warum?“ – „Weil ich die Architektur mag. Warum fragen sie?“ will ich wissen. Schon erzählte er. Da ich mit einer Kamera unterwegs war, vermutete er, ich könnte ein Spekulant sein. Nun stand ich da im „Ich weiß nicht, ob ich Schlapperlook tragen oder doch den Konservativen raushängen lassen soll“-Outfit, eine kleine Ixus in der Hand und fing an zu lachen. Nein, ein Spekulant bin ich nun wirklich nicht. Aber wieso so misstrauisch gegenüber Spekulanten?
Der Mann, der offensichtlich irgendwie zum Thalia oder einer anderen Einrichtung auf dem Gelände gehörte, erzählte mir, dass hinter dem Betonklotz ein Neubaugebiet geplant sei und sie etwas dagegen hätten. Derzeit ist das Gelände nur Abstellfläche und zwei oder drei Schrebergärten sind da auch noch zu finden. Das soll platt gemacht werden und eine Monstrosität hingebaut werden.
Leider habe ich ein schlechtes Namensgedächtnis und auch keinen Zettel dabei gehabt, um mir ebensolche aufzuschreiben. Der Mann erklärte, dass dort der Senat ¾ der Fläche halte, den Rest ein Investor. Er sprach weiter davon, dass dort wohl einiges bei der Vergabe (oder der Planung?) ziemlich gemauschelt worden wäre. Sein Hauptkritikpunkt war noch nicht einmal, dass gebaut werden soll, sondern was und wie.
Mit nur einer Handbewegung lenkte er meinen Blick auf die riesige Bauhaus-Siedlung, die ringsherum steht. „Alte Nazibauten“ (tatsächlich wurden sie von Gustav Oelsner konzipiert!), die in den 30ern ein Satteldach erhielten und eine bemerkenswerte Einheit bilden. Der Plan für den Neubau sähe 250 Wohnungen vor, die sich auf dem jetzt brach liegenden Gelände tummeln sollen — und, so die Befürchtung (mal wieder) kein Stück in die Umgebung (Bauhaus) einpassen würden. Einmal davon abgesehen, dass die Anbindung durch die Kopfsteinpflaster-Gaußstraße auch ein ziemlicher Killer für die Straße sei.
Der Mann schlug einen alternativen Plan und Zugang vor. Nicht, wie es in den Köpfen von Senat und Investor schon feststeht, ein Quadrat mit einem Innenhof, sondern lieber etwas aufgeteilter. Das würde aber — und da würde der Senat wohl nicht mitmachen — die angestrebte Gewinnmaximierung (grausiges Wort) gefährden. Außerdem, so der Mann weiter, könnte er sich einen Zugang von der Daimlerstraße aus vorstellen, hinter der Max-Brauer-Schule entlang (s. hier).
Ich ging, nicht ohne mir vorher noch einmal das Gelände anzuschauen. Zuhause wurde eine Mail ans Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung geschrieben, um mehr zu erfahren. Zwar erhielt ich den Namen des Bebauungsplanverfahrens (Ottensen 57) und auch eine Einladung, mir mehr Informationen auf dem Amt abzuholen – das habe ich dann aber aus zeitlichen Gründen gelassen. Eine weiterfragende Mail blieb unbeantwortet. So weiß ich immer noch nicht, welcher Investor da mit dem Senat gemauschelt hat und ob es schon Pläne für das „Wie soll es ausschauen?“ gibt.
Lediglich die Information, dass achtgeschossige Bauten vorgesehen waren, jetzt aber fünfgeschossig gebaut werden sollen, konnte ich noch herausfinden. Außerdem soll im Februar ein hochbaulicher Realisierungswettbewerb stattgefunden haben, um dem Investor Behrendt Wohnungsbau (doch noch gefunden) nicht allzu viel freie Hand bei der Planung zu lassen. Nett finde ich, dass auch der Fraktionsgeschäftsführer der SPD-Fraktion Altona, Stefan Krappa, der Meinung ist, die kommende Architektur müsse ins Viertel passen. Ebenso richtig finde ich den Ansatz, die „Aufwertung des Stadtteils abzubremsen“. Ottensen verändert sich immer mehr zum Nase-hoch-Viertel…
Aber: Ich und ein Spekulant? *hihi*
Kommentar (1)
netter Artikel, weiter am Ball bleiben,
vielleicht lag bei Dir ein Höhrfehler vor – die Bauhaus Gebäude wurden 1934 von den Nazis arisiert
sh. http://www.gustav-oelsner.de/index.php?site=helmholtzstrasse&menu=menu4
die Oelsnerfläche beträgt ca 27.000 qm
die im B-Planentwurf Ottensen 57 für Wohnungsbau ausgewiesene Fläche (sh. Stefan Krappa) beträgt nur ca 12.000 qm
Frau Christa Goetsch verneint nicht die Frage, ob 200 Wohneinheiten von Behrendt Wohnungsbau geplant sind.
sh.http://www.kandidatenwatch.de/christa_goetsch-595-15073–p671.html
Zähl mal die Oelsnerwohnungen und frag bei der Stadtplanung Jessenstr. 1 Herr Eickenbusch, ob da nicht noch mehr geplant sind.
Frag weiter, wo der Verkehr nach Norden und Westen abfließen soll.
Frag weiter nach Abstandsflächen, Grünflächen,
warum ist keine Quartiergarage vorgeschrieben,
wenn man 7 Geschosse will und nur 5 glaubt durchsetzten zu können, schreibt man 5 + 2 Staffelgeschosse,
im Endeffekt stehen fast im ganzen Baurechteck 7 Geschosse – 24 m hoch – Firsthöhe Oelsnerhäuser –
in Blockrandbebauung (sh.Ch Goetsch)
nicht gerade typisch für die Oelsner Häuser.
Wo sind typische Blockrandbebauungen in Ottensen? Wie sehen die aus? Sind die auch 7 geschossig?
Viel Spaß