Schwarze Zeiten fürs Grün

Ich muss gestehen, ich habe mit Kleingärten oder auch Schrebergärten genannt, nichts am Hut. Null. Zwar bin ich Hamburger, allerdings bin ich im Grünen aufgewachsen. So richtig, mächtig grün war es da. Jedwedes Klein-, aber auch Großgetier, war für mich ganz normal. Bäume rauf und runter — natürlich. Wer brauchte da schon einen Kleingarten?

Auch wenn ich jetzt als Städter zwar immer noch nicht den Wunsch verspüre, eine eigene kleine Parzelle „mein“ zu nennen, weiß ich doch um die Wichtigkeit dieser Gartenkultur mitten in der Stadt. Gerade wenn man bedenkt, dass in Hamburg ohne Sinn und Verstand gebaut wird – so kommt es zumindest an – und die grünen Flächen immer mehr Wohn- und Büroraum weichen müssen, sind Kleingärten wichtig.

In Hamburg gibt es ca. 35.900 Kleingärten mit einer Fläche von insgesamt 1.930 ha in 312 Kleingarten-Vereinen. Wir kennen alle die Geschichten von den Kindern, die eine Kuh nur als lila Wesen kennen, weil sie keine echten Kühe gesehen haben. So verhält es sich auch mit Pflanzen und Kleintieren. Vögel, Käfern, Schlangen, Echsen: Für viele Kinder unbekanntes Land. Irgendwann las ich einmal, dass Kleingärten mittlerweile auch von immer mehr Kleinfamilien mit Kindern genutzt werden. Also nicht mehr alte Opis mit Zigarre, Hut, Trainingshose und Gummistiefeln auf der einen und die Omis mit ihren Hauskitteln und dem Kuchen in der Hand auf der anderen Seite. Immer mehr Familien wollen selber ein Stück Land haben und sei es auch nur klein. Wenn man in einem Mehrgeschosshaus wohnt und nur einen kleinen Innenhof hat, ist der Wunsch danach durchaus verständlich. (Schade, wenn man einen großen, schönen Innenhof hat und dieser u.U. zugebaut werden soll…)

202 und 222 um die Ecke

KleingärtenMeine einzige Beziehung zu Hamburgs Kleingärten besteht darin, wie für die meisten Hamburger wohl ebenfalls, dass man an vielen vorbeifährt. Aber auch darin, dass sich nur zwei Straßen weiter ein Kleingartenverein befindet. Eigentlich sind es sogar zwei Vereine: KGV 202 Heimgartenbund Altona und KGV 222 Groß Altona. Ich fahre immer wieder dran vorbei, reingeschaut habe ich noch nie. Irgendwie habe ich stets das Gefühl, dass das eine ungebührliche, unerwünschte „Verletzung“ von Privatsphäre wäre.

Als ich kürzlich durch den Stiegkamp in Richtung Othmarscher Kirchenweg fuhr, sah ich das Schild zum ersten Mal bewusst. Es war ein sonniger, schwüler Tag (mal wieder), ich fuhr nicht schnell, da blieb ich stehen, um zu sehen, was es mit dem Zettel auf sich hat.

Als Überschrift trägt die Protestschrift den Satz „Schwarze Zeiten fürs Grün“. Es geht um die Deckelung der A7. Der Deckel dient der Lärmminderung. Besonders betroffen sind die Stadtteile Bahrenfeld und Stellingen. Auf dem Zettel steht nun, dass der schwarz-grüne Senat zusätzlich einen Deckel in Othmarschen bauen möchte. Kostenpunkt liegt bei rund 120 Mio Euro. Da wir wissen, dass dieser Senat nicht mit dem Rechenschieber umzugehen weiß, könnten die Kosten auch locker nach oben gehen. Nun ist Hamburg bekanntlich knapp bei Kasse — also wo soll das Geld dafür herkommen? Finanziert werden soll dieser Zusatzdeckel durch den Verkauf von öffentlichen Grünflächen und Kleingärten als Bauland.

Dabei hieß es noch vor der Wahl:

Zur Finanzierung des Autobahndeckels werden definitiv keine Kleingärten angerührt!

Doch das war ein Wahlversprecher von gestern. Also will die Behörde nach der Wahl Kleingärten für die Luxusdeckel-Finanzierung verkaufen. Die Bürgerinitiative Apfelbaum braucht Wurzelraum fordert deshalb u.a.:

  • 30 Hektar wertvoller Grünflächen mit altem Baumstand dürfen nicht zerstört werden, um dafür minderwertige 3 Hektar Dachbegrünung auf dem Deckel zu schaffen

Was soll das denn bitte für eine Rechnung sein, Frau Hajduk?

Mag überholt oder nur ein Wunschdenken gewesen sein, aber mir war einmal so, als hätte es geheißen, dass man für jeden gefällten Baum so viele Jungbäume anpflanzen müsste, damit diese die Sauerstoffproduktion und Luftfilterfunktion des gefällten Baums kompensieren können. Gibt es so eine Anordnung? Wenn, dann ist die Rechnung „30 Hektar weg und dafür 3 Hektar neu“ ab-so-lut daneben!

Kommentar (1)

  1. Sigrid Anne Graff schrieb:

    Guter Beitrag. Genau so ist es. Ist der Beitrag veröffentlicht, um eine größere Breitenwirkung zu erzielen (Multiplikatoreffekt)?
    Gruß
    Sigrid Anne Graff

    Sonntag, 10. August 2008 um 22:17 #