Wenn ich an Schleswig-Holstein denke, denke ich an ein flaches Land. Endmoränen haben einige flache Hügel hinterlassen. Rapsfelder, überhaupt Landwirtschaft, Wind, Meer im Doppelpack. Mein (Hamburger) Fahrlehrer zog Schleswig-Holstein immer gerne heran, wenn es darum ging, Verkehrssituationen „mit Weitblick“ zu erklären. Man könne, so der Lehrer, von einem Horizont zum nächsten schauen.
So wird man auch auf Schleswig-Holsteins Autobahnen begrüßt. Dort stehen die Schilder mit der Aufschrift „Land der Horizonte“. Macht Sinn. Umgesetzt wurde das Schild zur Expo 2000 zusammen mit stilisierten Notenlinien – in Anlehnung an das Schleswig-Holstein-Musikfestival –, die in Wolken, Wasser und „Berge“ übergehen. Eigentlich alles sehr stimmig.
Doch auch das Land im Norden hat, wie sein Nachbarland Hamburg, sehr geltungsbedürftige und übereifrige Verwalter. Nun sollen diese „Land der Horizonte“-Schilder ausgetauscht werden durch Schilder mit der Landesflagge und einer Begrüßungsformel samt Hinweis, dass man sich im Wissenschaftsland, resp. im Wirtschaftsland befinde. „Wieso?“, fragt man sich da.
Da wollte wohl jemand dem Land seinen Stemel aufdrücken — neustes Hobby von Politikern. Man nehme etwas, was niemand braucht, aber wodurch die Menschen später immer an einen erinnert werden.
Schleswig-Holstein hat neben der Landwirtschaft natürlich auch noch andere Dinge zu bieten (man möge mir verzeihen, dass ich, da ich nicht dort lebe, im Moment kein gutes Beispiel parat habe). Das, woran man jedoch zuerst denkt, was einfach Sinn macht, dass ist die Weite und Frische des Landes. Diese soll nun durch stickige Wirtschaft (wie uncool) und stinkende Laborwissenschaft ausgetauscht werden. Nicht ganz nachvollziehbar… Zumal diejenigen, die Geschäfte in Schleswig-Holstein machen oder forschen wollen, die brauchen doch keine Begrüßungsformel am Autobahnrand. Die Touristen, die Durchfahrenden sollen willkommen geheißen werden, Menschen, nicht Firmen. Oder fehlt mir jetzt der Weitblick?