Ben Folds ist wieder da. Wie bereits auf dem Konzert im Grünspan angekündigt, ist nun sein drittes Solo-Album erschienen. Im Gegensatz zum Vorgänger Songs for Silverman ist Way to Normal etwas schneller und frecher. Liest man ein wenig zum Thema, liegt das wohl daran, weil Ben jetzt „freier“ ist – er hat eine lange Scheidung hinter sich gebracht.
Wer nun todtraurige Deprilieder oder wilde Hasstriaden erwartet, der wird enttäuscht. Gut, Ben benutzt oft das F- und das B-Wort (weshalb auch ein Explicit an der CD hängt), aber nicht immer auf „die“ Frau bezogen.
Der Punk-Pianoman (stammt nicht von mir!) behandelt in seinen Liedern sein Leben auf gewohnt ironische Weise. Real und fiktiv. Was nun alles von seiner Scheidung ins Album eingeflossen ist und was nicht, mag ich nicht zu sagen. Aber wer will schon jedes Lied auseinander nehmen und analysieren? Way to Normal macht Spaß, hat so einige Stücke, die sofort zum Kopfnicken verleiten und im Idealfall für den Rest des Tages nicht mehr aus den Gehirnwindungen zu verscheuchen sind. Das fängt mit dem bereits auf seiner Konzerttour angespieltem Hiroshima an, in dem er von einem Unfall auf der Bühne singt. Das Oh-oh-oh-oh ist ganz schnell „drin“ und lässt sich mit ein paar Promille wahrscheinlich noch lauter mitgröhlen. 😉
Dr. Yang (teilweise mit bös schrammelnder Bassgitarre), Bitch Went Nuts, Brainwascht und Effington (lustiges Wortspiel) sind ebenfalls sehr eingängig. Die erste Auskoppelung You Don’t Know Me (mit der süßlichen Stimme von Regina Spektor) ist vermutlich noch das Lied, das am ehesten als Scheidungsbewältigungslied angesehen werden kann, obwohl Folds selber meinte, die CD sei keine Aufarbeitung, mehr ein Zeugnis seiner neu gewonnen Freiheit.
Neben den schnellen Stücken gibt es auch noch ruhigere Balladen. Cologne (und Before Cologne) sowie das sehr schön-traurige Kyle from Connecticut sind solche Ruhepole. Cologne gibt es auch gleich zweimal – einmal als normale Studioversion und einmal als ‚Piano Orchestra Version‘, in dem Ben von einem Chor begleitet wird.
Einziger Störfaktor ist das Lied Free Coffee. Der Text ist zwar noch nett, aber die Musik ist nur als krank und kaputt zu bezeichnen. Ein Fall für die Skip-Taste. Schade. Bleiben nur noch zwölf Lieder übrig. Ebenfalls nicht ganz so mein Fall ist The Frown Song. Ben sprach von neu gewonnener Freiheit? Er nahm sich die Freiheit heraus, seinen heiß geliebten (und echt nervigen) 80er-Jahre-Synthesizer einzusetzen. Zum Glück nur am Anfang (exzessiv), später eher im Hintergrund. Schon wird es auch ein netter Song. Synthesizer nervt aber schon…
Bis auf den einen Ausreißer eine gute, an „die gute alte Zeit“ erinnernde CD, die Spaß macht. Bleibt die Vorfreude auf seinen neuesten Streich: eine Kooperation mit Nick Hornby Ende des Jahres.
Nils, 04.10.2008