Ich gebe zu, das habe ich wirklich nicht erwartet. Erhofft schon, aber nicht erwartet. Ich ging felsenfest davon aus, dass die Amerikaner niemals einen Schwarzen als Präsidenten wählen würden. Mögen meine Vorurteile sein, die den Amerikanern Rassismus vorwerfen. Zumal es immer hieß, ein amerikanischer Präsident müsse WASP sein — Weiß, Angelsächsisch, Protestantisch. Tja, dieses Dogma ist nun nur noch für die Akten.
Vor der Wahl unterhielt ich mich mit einem Kollegen, der Bekannte in den Staaten hat. Diese, so sagte der Kollege, wären sehr angetan von der Eishockey-Mami. Was in europ. nur Kopfschütteln und Unverständnis herruft, soll in amerik. völlig anders gesehen werden. Da waren all die Pannen von der Palin „menschlich“, machten sie zu einer aus dem Volk. Was sich auch an dem Mode- und Frisur-Wahn äußerte.
Jetzt also Obama als 44. Präsident der Vereinigten Staaten. Mann, bin ich froh, dass ich nicht gewettet habe. 🙂 Ich ging davon aus, dass McCain das Rennen machen würde. Knapp, aber immerhin. Doch wie es aussieht, liegt Barack Obama weit vor dem Kriegsveteran. Jetzt können wir alle gespannt sein, was der Jurist aus Illinois auf die Beine stellt. Es kann nur besser sein als das, was sein debiler Amtsvorgänger geleistet hat.
Schaut man sich jetzt die amerikanische Berichterstattung an – die Aufmachung von der New York Times finde ich ganz groß! – sieht man, wie auch schon vorher, Menschenmengen, die einem Politiker zujubeln, als wäre er ein Popstar. Groupies für einen Politiker. Verrückt. Weinende Menschen auf beiden Seiten. Ein wahnsinniges Engagement der Anhänger, der Bürger. Im Vorfeld ging eine irrsinnige Euphorie und Begeisterung durch das Land. Das kennen wir hierzulande gar nicht. Ginge auch nicht.
Darauf angesprochen, ob Steinmeier ebenfalls einen zweijährigen Wahlkampf führen könne/wolle, meinte dieser mit Blick auf die Staaten, dass das bei uns in Deutschland gar nicht ginge. Die hiesigen Medien würden dies gar nicht zulassen. Sie würden im Vorfeld Schlammschlachten betreiben, Dreck aufwühlen und die (sozialdemokratischen [die Red.]) Kandidaten demontieren. Das kann ich mir auch gut vorstellen, ist unsere Medienlandschaft doch sehr eintönig. Sofern man bei Schwarz von einem Ton reden kann …
Jedenfalls bin ich irgendwie auch verdammt froh – keine Ahnung warum –, dass Obama das Rennen gemacht hat. 😀
Glossar: Weißraum.
Kommentare (2)
Steinmeier hat schon recht, dass ein zweijähriger Wahlkampf bei uns gar nicht möglich wäre. Und dass die Medien dafür verantwortlich wären.
Nur was die Gründe angeht, liegt er völlig falsch, denn:
Nach spätestens einem Jahr hätten sowohl die Bevölkerung als auch die Medien unsere Kandidaten samt soufflierendem Gefolge derart satt aufgrund ihres nervtötend drögen Auftretens und der gebetsmühlenartig wiederholten inhaltsleeren ideologischen Phrasen, dass sie einfach keine Notiz mehr davon nehmen würden.
Also dieser Steinmeier ist eine Gurke, der kann 20 Jahre Wahlkampf machen und dann hat er immer noch keinen Charme, keinen Schneid und kein Charisma!