Nur zum Anschauen

Erst kürzlich unterhielt ich mich mit einem 66-jährigen Speckgürtler – also einem im Umkreis von Hamburg Lebenden. Das Gespräch nahm seinen Lauf, irgendwann kam man beim Thema Politik an und von dort zur Hamburger Politik. Ein Reizthema.

Nach einiger Zeit landeten wir auch beim Thema Elbdisharmonie. Mein Gegenüber stellte die Frage, wieso man die Disharmonie brauche? Da werden Steuergeld-Millionen noch und nöcher zum Fenster herausgeworfen — wofür? Ist die Musikhalle am Johannes-Brahms-Platz etw. jeden Abend ausgelastet? Platzt diese aus allen Nähten, so dass eine größere Halle unbedingt nötig ist? Nein. Jedenfalls habe ich davon noch nichts gehört, dass die Musikhalle unter Platzmangel leidet. Wenn es Meldungen gäbe, dass der 1908 eröffnete Konzertsaal von wütenden Musikliebhabern belagert wäre, die alle zu den allabendlichen Konzerten Einlass begehrten, diesen aber aufgrund von zu wenig Sitzplätzen nicht erhielten – dann wäre es an der Zeit, einen größeren Saal zu bauen. Doch diese Meldungen gibt es nicht.

Also warum die Elbdisharmonie bauen? Ich meinte spöttisch, dass man erst einmal abwarten müsse. Wenn die Disharmonie 2021 eröffnet, ja dann werden sie strömen. Aus allen Winkeln der Welt werden sie kommen, um für viel Geld Konzertkarten zu kaufen. Aus allen Winkeln …

Allerdings ist das eine sehr seltsame Vorgehensweise, beruht sie doch ausschließlich auf dem Prinzip Hoffnung, gemischt mit DOM-Orakelei. Bauen wir mal für Millionen einen historischen Kaispeicher um und hoffen dann, dass das Geld irgendwann, irgendwie schon wieder reinkommen wird. — Na, ich weiß nicht …

Nein, die Argumentation ist nicht die, dass wir die Disharmonie bräuchten, weil der Bedarf vorhanden ist. Das einzige, immer wieder vorgebrachte Argument ist, dass Hamburg bei den großen Kindern mitspielen will. Also braucht die Hansestadt auch ein großes Spielzeug – nennt sich hier nur „Wahrzeichen“. Derzeit gerät es zu einem „Warnzeichen“.

Bei Wikipedia heißt es – endlich finden wir mal eine Aussage, wozu das Ganze –:

Der Hamburger Senat erhofft sich von der Elbphilharmonie eine mit dem Opernhaus von Sydney vergleichbare Strahlkraft und einen herausragenden Wiedererkennungswert als neues Wahrzeichen für Hamburg und speziell für die HafenCity.

Das ist es. Immerzu wird auf das Opernhaus von Sydney verwiesen. Das scheint die einzige Daseinsberechtigung für des Spaß-EBs Denkmal zu sein. Hamburg will sich einfach nur etwas in den Hafen stellen, dass dann alle Welt bewundern kann. Dann klappt das auch mit dem „erst bauen, dann werden sie schon kommen“. Reingehen oder anhören – muss gar nicht sein. Anschauen reicht bereits. Hauptsache wir scheinen …

Nur: Die Oper von Sydney, repräsentativ im Hafen gelegen, ist ein Objekt, das man sich auch komplett anschauen kann. Klar, gibt es immer das Bild vom Wasser aus. Das Objekt lässt sich jedoch wohl auch „ergehen“, von drei Seiten aus geeignetem Abstand betrachten. Die Elbdisharmonie – wir kennen alle das Bild mit dem Modell – wird man so wohl nie betrachten können, wie sie auf dem Plakat zu sehen ist. Das ist Gaukelei

Lustig: die Disharmonie soll Wiedererkennungswert speziell für die HafenCity haben – weil diese nämlich so langweilig ist …?!