Sven von Orkney ist ein Wikinger, der allerdings mit seinen Göttern und Bräuchen schon lange gebrochen hat. Als kleiner Junge hat er seinem Vater, dem Lord von Grimness, den Rücken gekehrt. Als Sklave kam er nach Konstantinopel.
Als Erwachsener erfährt er davon, dass sein Vater ermordet wurde. Sven reist in das kalte Land der Wikinger zurück, um das ihm per Geburtsrecht zustehende Geld einzufordern und seinen Onkel vom Thron zu stoßen. Herrschen will er nicht, die Menschen seines Reiches sind ihm völlig egal. Der zornige Mann hat keinerlei Verbindung zu diesen Menschen, ihren Ansichten, ihrer Religion. Konstantinopel, die große Stadt, das Zentrum des modernen Lebens – das ist es, was Sven schätzt. Er ist ein moderner Mensch im Jahre 980 nach Christus. — Sven ist ein Außenseiter. Die Wikinger fürchten ihn, auch weil er ein so wütender, grimmiger Kämpfer ist.
Sven will das ihm zustehende Geld von seinem despotischen Onkel Gorm einfordern, doch der schmeißt ihn aus Grimness heraus. Die rechte Hand Gorms, Hakkar, macht Jagd auf Sven, doch der startet einen Ein-Mann-Feldzug, der viel Blut fließen lässt.
Mit der Zeit wird Sven vertrauter mit der Denkweise der Wikinger. Er nimmt sie nicht an, aber er bekommt einen Einblick und findet eine Art Versöhnung. Dabei hilft ihm schließlich auch die „Tochter des Jägers“, die die Letzte aus ihrem Stamm ist. Fast so, wie Sven der Erste eines neuen Stammes ist.
Meinung
Wieder ein genialer Streich von Brian Wood. Die Geschichte ist spannend und der Zeit angemessen blutig. Das hat nichts mit den beinahe romantischen Wikingern aus Prinz Eisenherz mit Robert Wagner zu tun. Die Landschaft in Northlanders ist karg, bitter und so sind es auch die Menschen. Wikinger glauben an diverse Götter, an Ehre, an ein Leben und einen Tod mit Ruhm, an ein Leben nach dem Tod in den heiligen Hallen von Walhall. Sven ist weit weg von diesen Einflüssen aufgewachsen. Er hat nie kapiert, wieso man ruhmvoll sterben sollte, wenn man doch auch leben kann. Hier treffen alt und neu aufeinander. Aber auch die tiefe, tiefe Bitternis dieses jungen Kämpfers wird gezeigt.
Northlanders ist blutig und brutal. Es werden Köpfe abgeschlagen und zur Abschreckung auf Spieße gesteckt. Doch das muss so sein, das macht den Comic griffiger, „wahrhaftiger“. Die Zeichnungen von Davide Gianfelice sind so rauh, wie das Klima im Land der Wikinger. Die Töne sind erdig, alles ist mit einer Art Patina bedeckt. Auf den knapp 200 Seiten sind diverse ganzseitige Landschaftsbilder zu sehen. So trostlos das Gezeigte auch ist, Gianfelice ringt den kargen Landschaften immer noch etwas Anmutiges und sehnsüchtig Schönes ab.
Ich mochte Northlanders nicht aus der Hand geben, sondern wollte es am liebsten in einem Schwung durchlesen. Sehr beeindruckend, wie Brian Wood ganz langsam die Sichtweise von Sven dem Zurückgekehrten ändert. Sven wird am ENde nicht wieder zum „normalen“ Wikinger, bringt aber auch nicht mehr das absolute Unverständnis seinen Landsleuten entgegen. Es gibt Momente, in denen der Leser richtig sehen kann, wie Sven dieses oder jenes begreift oder ablegt.
Einziger kleiner Schönheitsfehler, ist der häufige Gebrauch des F-Wortes. Zwar passt es zu den vulgären, brutalen Wikingern, aber irgendwie ist das F-Wort doch nun ein eher zeitgenössisches, historisch jüngeres Wort, das 980 nach Christus wohl nicht verwendet wurde. Das stört, wenn man sieht, dass bei den Zeichnungen und der Geschichte an sich, sehr viel Rücksicht auf die damalige Zeit genommen wurde …
Ich freue mich sehr auf den zweiten Teil, auf den man allerdings noch einige Zeit warten muss. Im zweiten Teil wird allerdings nicht mehr Gianfelice die Zeichnungen liefern. Schade.
Nils, 14.11.2008
Wer auf dem neusten Stand in Sachen Northlanders sein möchte, schaut einmal auf der Seite zur Comic-Serie vorbei. Und wer sich einen Eindruck von den Zeichnungen machen möchte, schaut ins flickr-Album von Brian Wood.
Trackback/Pingback (1)
[…] Wenn ihr mehr darüber lesen wollt, dann schaut mal auf die Leseempfehlung von Nils! […]