Alle Jahre wieder hat der Bürger für ein paar Sekunden „die Macht“, nämlich dann, wenn er in der Wahlkabine steht — die doch so oft nur ein Schultisch mit drei Pappwänden ist. Dann denkt er sich, ihm gehört die Welt, er könne etwas bewegen. Am Ende schaut er wieder in die Röhre.
Verhandlungen werden aufgenommen, Parteien finden zueinander, die Presse jubelt, die Politiker jubeln. Die neue Herrscher-Riege ist da. Und beim besten Willen: Im Endeffekt kennt man doch immer nur einen Bruchteil von den Nasen, die einen da die nächsten Jahre regieren sollen. Bei manchen Ministern oder Senatoren fragt man sich nur allzu oft erschrocken „Was, der ist Minister für X? Nie was von gehört.“
Dass man manche Politiker so schlecht im Gedächtnis ablegen kann, liegt u.a. daran, dass sie oft völlig unscheinbar sind. Wer nicht von sich reden macht, wer unterm Radar fliegt, wer nichts bewegt oder nur im stillen Kämmerlein mauschelt — der bleibt eben unerkannt. Zum Glück gibt es aber Politiker, die einem aus dieser Misere helfen, die doch hier und da auf sich aufmerksam machen.
Seit fast einem Jahr ist in Hamburg eine neue Herrscherkaste an der Macht, doch von unserem Innensenator habe ich bisher nicht allzu viel mitbekommen. Glänzen tut er wohl auch eher nur im negativen Sinn.
Da wollte der Herr Ahlhaus z.B. einen Hanse-Trojaner einführen. Oder erinnern wir uns an seinen Vorschlag, Angaben zu ethnischen Wurzeln und Nationalität von Straftätern in die polizeiliche Kriminalstatistik aufzunehmen. Auch kam er auf die Idee, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen. Vorschläge, bei denen er übrigens bei „seinen“ Koalitionspartnern, der GAL, nicht auf Wohlwollen stieß. Was die GAL aber auch nur zu einem müden „Nicht mit uns …“ verleitet. Danach geht’s zum gemeinschaftlichen, ach-so-harmonischem Zusammenregieren weiter. Ahlhaus war es auch, der von der Initiative „Jugendliche ohne Grenzen“ zum „Abschiebeminister 2008“ gekürt wurde. Ein Titel, den er ablehnte. Was nicht wundert — müsste es doch „Abschiebesenator 2008“ heißen. Wir sind hier schließlich in Hamburg!
Hamburgs Innensenator und Hamburgs Polizeipräsident stellten nun den neuen Schlagstock der Hamburger Polizei vor. Das sind die netten kleinen Metallstöcke, die mit einer schmissigen, filmreifen Bewegung ausgefahren werden und dann mit bösem Blick den bösen Jungs präsentiert werden. Obwohl ich die Teleskopstahlstöcke bisher immer bei den bösen Jungs gesehen habe … Die kennen die also schon.
Der sogenannte EKA (Einsatzstock Kurz Ausziehbar — Wer denkt sich denn sowas aus?) löst den Gummiknüppel ab. Jetzt bringt das Draufschlagen wieder richtig Spaß! Oh, stimmt ja gar nicht. Vier Stunden wird den Beamten eingeprügelt eingebläut, dass der Stahl-Schlagstock nicht zum Schlagen da ist, sondern nur zum Abdrängen. Wo früher die Gummivariante beim Abdrängen nachgab, kann man dies nun mit dem EKA machen. Theoretisch. Schlagen ist natürlich schon erlaubt. Auf die Arme zum Beispiel. Auf die Finger lieber nicht.
Die Verantwortlichen stellen sich hin und lassen sich wieder einmal beweihräuchern. Man sei federführend! Mal wieder. Dass Bremen und Rheinland-Pfalz den EKA auch schon haben — eine Lappalie.
Da der Schlagstock so schön handlich ist (zusammengezogen 20, ausgefahren 50 Zentimeter und nur 500 Gramm schwer), könne er auch an der Hose getragen werden und werde nicht mehr, wie sein trauriger Vorgänger, der Gummiknüppel, im Auto liegen gelassen.
Er stört selbst beim Autofahren und Ein- und Aussteigen nicht.
Wobei … Wie ich im Radio hörte, wurde Freund Gummiknüppel ja gar nicht wegen seiner Sperrigkeit im Auto vergessen. Früher ging das nämlich. Früher wurde der Knüppel, so der Bericht, in einer Extra-Tasche an der Hose getragen. Nachdem aber unser schicker Ex-Innensenator Schill — auch so ein scharfer Hund, der nur negativ auffiel (aber immerhin dafür gesorgt hat, dass der Spaß-EB an die Macht kam) — die US-Polizeiuniform im dunklen Blau und mit Schick eingeführt hatte, fehlte diese besondere Tasche. Deshalb war der Gummiknüppel nicht mehr direkt am Mann, resp. an der Frau und blieb schon mal in der Hektik im Wagen liegen. Und dabei wurde bei der Vorstellung des EKA gerade die blaue Uniform noch einmal als so innovativ gepriesen. Dem Schick wurde zwar die Funktionalität geopfert — aber Hauptsache gut aussehen. Das scheint wohl das federführende Moment des Senats zu sein.
Über einen Zeitraum von vier Jahren werden 8.500 Beamte mit dem EKA ausgestattet. Kostenpunkt: etwas eine Million. Ja, wärt Ihr mal bei der alten Uniform geblieben — dann würde ich die Polizei auch nicht immer für Kaufhaus-Detektive halten. Und die Million könnte man sich auch sparen.
Wenigstens habe ich jetzt mal den Namen des aktuellen Innensenators gehört.