Wieder so ein Moment, wo man sich eisern am Lenker festhalten muss, sonst fällt man vom Fahrrad.
1914 wurde in der Einmündung zur Spitalerstraße, ausgehend von der Mönckebergstraße, ein schmuckes Häuschen gebaut, das vor dem säulenbewehrten Eingang einen Brunnen hat. In dem Häuschen wurde eine Lesehalle untergebracht. Der Brunnen ist der mittlerweile denkmalgeschützte Mönckebergbrunnen.
Solange ich mich erinnern kann ist in dem kleinen Schmuckstück von Haus eine Burger-Bude gewesen. Für eine Lesehalle war natürlich kein Geld vorhanden, deswegen durfte sich irgendwann der selbsternannte König der Burger dort breit machen. Als es hieß, der Vertrag würde auslaufen und man wolle den Mönckenbergbrunnen-Pavillon wieder zu einem Kulturpunkt umwandeln, da dachte ich noch „Wow! Sowas machen die? Mitten in der Innenstadt? Kaum zu glauben …!“
Ist es auch nicht, wie ich heute schwankend auf dem Rad feststellen musste. Der Neon-Schriftzug der Frikadellen-Bratstation ist weg, dafür hängt an dem renovierten Pavillon nun in goldenen Lettern (Ist das jetzt die „Kultur“?) der Name eines Kaffee-Schnellabfertigungs-Dingens. Das nennen die also Kulturpunkt? Ein weiterer Coffee-to-go-Laden ist alles, was Hamburg an Kultur aufbringen kann? Oh-mein-Gott.
Doch Halt! Jetzt macht es Sinn. Während die Kaffee-Klitsche ihren Schriftzug dick und fett über den Eingang geklebt und noch das bekannte Logo an der Seitenwand des Pavillons angebracht hat, wurde oben, über den Säulen, noch in etwas kleineren Goldbuchstaben „Elbdisharmonie Kulturcafé“ geschrieben. Das ist dann die Kultur, die ich vermisst habe?
Wie viel Kultur kann ein Pappbecher-Kaffee-Laden schon bieten? Oder wird dort der schwarze Bohnenaufguss ausschließlich in Tassen aus Porzellan angeboten? Keine Pappbecher mehr? Ne, wahrscheinlich — der hochtrabende Name verrät es — wird neben dem Weggeh-Kaffee auch noch ein Infostand von der Elbdisharmonie stehen. Eventuell noch mit einer seriös dreinblickenden Person daneben, die jedem, der zur Tür reinkommt, eine Spende für das Bürgermeister-Denkmal aus dem Kreuz leiern möchte. Immerhin fehlt es dem „Leuchtturm“ kräftigst am Finanziellem.
Dann doch lieber das Wechselgeld einem Hinz&Kunzt-Verkäufer geben … Das macht wenigstens noch Sinn. Die Leute fallen in Hamburg schließlich hinten runter.
„Elbdisharmonie Kulturcafé“ — dass ich nicht lache …
Kommentare (2)
Nun, dem Zeitgeist entspricht das allemal. Ich bin zwar kein Freund der Caffeehaus-Gentrifizierung, aber lesen lässt es sich sicher besser, ohne Frittenfett in den Haaren.
Na hör mal, wir haben doch jetzt die wunderbare, großartige, phantastische Super-Duper-Elbphilharmonie. Wie viel Kultur brauchen wir denn noch? 😀
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Kultur vs Zeigeist – Starbucks am Hamburger Mönckeberg-Brunnen…
Caffee ist Zeitgeist. Dargereicht in lauwarmer Form, um Schmerzensgelder zu vermeiden und den Konsumgenuss anzuregen (Wer schneller trinkt, trinkt mehr). Burger und fettige Männlichkeit müssen sich noch ein wenig gedulden bis zu ihrem Comeback. Und d…