Na schön, dann will ich mal in die Breschen springen und mich aufraffen, etwas für Hamburg zu tun. Ich werde den letzten Bürgerentscheid dieser Stadt ins Leben rufen. Ja, ganz richtig gelesen. Ich will gar nicht fragen, ob die Bürger den Verkauf von städtischen Krankenhäusern verhindern möchten. Oder ob sie ein altes Schwimmbad in Altona erhalten wollen. Es ist müßig, die Frage zu stellen, ob Kleingärten erhalten bleiben sollen. Jüngstes Beispiel für ein „unnützes“, weil von der Politik kassiertes Bürgerbegehren, ist die Frage nach der Bebauung des Buchenhofwaldes.
Schwarz-Grün (oder ist es nur Grün?) will diesen erneuten Versuch der Bürgerbeteiligung unter den Tisch fallen lassen, wie zuvor Schwarz das auch schon fleißig gemacht hat. Da kann man gerne bei der Wahl sich versprechen Versprechen machen: „Ja, wir wollen den Bürgerwillen stärken!“ — Ist man erst einmal gewählt, werden eh wieder nur „politisch gewollte“ Aktionen durchgedrückt. Sind diese noch finanziell profitabel – hey – nimmt man auch mit. Aber Bürgerwille…? Nee. Der ist immer so unprofitabel.
Schwarz-Grün in Altona hatte schon von vornherein signalisiert, dass sie die Bebauung durchsetzen wollen, schaut man sich an, wie krumm sie den Stimmzettel formulierten …
Von daher der letzte Bürgerentscheid für Hamburg: Stoppt die Bürgerentscheide. Begrabt sie einfach. In dieser Stadt bringt es nichts. Man kann seine Stimme noch so sehr erheben, das Ergebnis kann noch so eindeutig ausfallen: wenn es den Herrschaften oben nicht passt, wird jeder Entscheid einfach platt gemacht.
Stoppt Bürgerentscheide, da sie nichts bringen und nur Geld kosten. Der Letzte in Altona hat für Papier, Versand und Co. rund 130.000 Euro gekostet. Fenster auf und raus. Da ist es auch völlig egal, dass knapp 85% der Wahlberechtigten sich für die Vorlage der Bürgerinitiative entschieden haben. Lasst uns einfach keine Bürgerentscheide mehr anstrengen — nach diesem hier. Versteht sich. Es hat bei diesem Senat keinen Sinn! Leider. Das ist jedes Mal ein Tritt ins Gesicht des Bürgers, wenn sein Wille völlig ignoriert wird. Will man das? :nene:
Seien wir mal ehrlich: Im tiefsten Herzen wussten wir doch alle schon vor der Abstimmung i.S. Buchenhofwald, dass das nichts wird. Zu oft wurden wir enttäuscht. Es war klar, dass die Politik einen feuchten Kehricht auf die Bürgermeinung gibt.
Kommentare (7)
Es sind nicht 85% der Wahlberechtigten, sondern 85% der 27% Abstimmungsberechtigten.
Und da wundern sie sich über Politikverdrossenheit.
Oder nennen es so.
Ich möchte mal das Grundgesetz, Artikel 20 zitieren:
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.?(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.?(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.?(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Wenn ich das recht interpretiere setzt sich die vom Volk gewählte „vollziehenden Gewalt“ über das vom Volk gewollte (gewählte) hinweg.
Die „verfassungsmäßige Ordnung“ beugt „Gesetz und Recht“ und „unternimmt es, die Ordnung zu beseitigen“!
Wir sind in Punkt (4) aufgefordert unser Recht in die eigene Hand zu nehmen, weil „andere Abhilfe nicht möglich ist“
Ich will die 130.000 Euro zurück sonst schimpf ich öffentlich im Internet über die „besonderen Organe“oder gilt der Ausspruch der Vogonen (per Anhalter durch die Galaxis): „Widerstand ist zwecklos!“ Oder bin ich jetzt Terrorist?
Ob der Bürgerentscheid kassiert wird, steht ja noch aus. Es war allerdings schon vorher klar, dass der Bürgerentscheid im Fall der Annahme der Vorlage der Initiative rechtlich zu prüfen ist. Denn der BVE hat für das nördliche Stück Buchenhof einen gültigen Baubescheid, also einen Rechtsanspruch. Wenn ihm nun die Fällgenehmigung verweigert wird, ist sein Rechtsanspruch aber wertlos. Das wäre dann Willkür. Jeder Mensch würde sich massiv beschweren, wenn ein Amt zwar sagt: ja, Du darfst bauen, aber dann fortfährt, nein, die notwendige Arbeit, um das Haus auch bauen zu können, darfst Du nicht durchführen.
Nun haben die Wahlberechtigten im Bürgerentscheid stelltvertretend als Bezirksamt einen Beschluss gefasst – der Betroffene hat natürlich den Anspruch, diesen Bescheid anzufechten.
In der Tat spricht Dein Blogeintrag eine Grundproblematik an: auf der Ebene der Bezirke funktionieren Bürgerentscheide nur eingeschränkt, da Bezirke keine selbstverwalteten Kommunen sind, sondern nur Verwaltungseinheiten der Stadt Hamburg. Das Instrument tut so, als wären die Bezirke Gemeinden wie in Flächenstaaten mit ihren umfangreichen eigenen Kompetenzen, dabei haben unsere Bezirke halt leider diese Kompetenzen gar nicht.
@Michael, ich erinnere mich an den Volksentscheid über den Verkauf der Hamburger LBK. Über 70% der Wahlberechtigten sprachen sich damals dagegen aus. Die Antwort von Herrn Beust war: „…dann regieren wir eben gegen das Volk…“
War das auch nur auf Bezirksebene?
Oder ist Hamburg kein selbstverwalteter Stadtstaat weil der Bund dann die entsprechenden Kompetenzen hat?
Auf Grundlage eingeschränkter Befugnisse möchte ich auch mal 130.000 Euro ausgeben dürfen ;-))
Hallo Niels, Bürgerentscheide haben dennoch eine wichtige Funktion: sie entlarven die Politiker als Lügner.
Zusätzlich hilft Handeln: Es bildet sich gerade ein Initiativen-Netzwerk „Recht auf Stadt“ in Hamburg, das gestern eine Kundgebung am Mönckebergbrunnen organisiert hat: http://www.schreberspacken.de/artikel/bericht-von-der-kundgebung-wir-bleiben-alle-vom-11112009-vor-dem-starbucks-elbphilharmonie-kulturcaf
Ich glaube, es gibt keine Politikverdrossenheit sondern nur Politikerverdrossenheit. Meine Einschätzung dazu unter http://www.schreberspacken.de/blog/ralf-hendel/am-rande-zum-tag-der-deutschen-einheit-wahlbeteiligung-und-politikerverdrossenheit.
Viele Grüße, Ralf
@Reiner: Nein, LBK war in der Tat auf Landesebene – dort sind Volksentscheide jetzt aber verbindlich. Ein LBK-Verkauf gegen das Volks kann sich also nicht wiederholen.
Auf Bezirksebene wird aber zu oft über Dinge abgestimmt in Entscheiden, die gar nicht Bezirkskompetenz sind – danach den Bezirkspolitikern einen Vorwurf zu machen, sie vollziehen den Willen des Volkes nicht, ist dann Quatsch, wenn sie gar nicht können.
Und beim Buchenhof haben wir eine schwierige Rechtslage – die Bezirkspolitik hat ja beschlossen, dass sie den Bürgerentscheid für den Erhalt des Buchenhofes umsetzen möchte. Der Bezirksamtsleiter hat aber diesen Beschluss einkassiert und ihn – zu Recht, wie ich finde – zur rechtlichen Prüfung weitergeleitet.