Denke ich an Hamburg, denke ich nicht mehr an Heimat, auch an keine Perle. Denke ich an Hamburg, denke ich mittlerweile nur noch an Umweltzerstörung, ignorierten Bürgerwillen (auch Bürgerverarsche genannt), Kommerz, Verkauf, Leuchtturmprojekte und „Denkmäler für Politiker“.
Seit gut zehn Jahren fällt sie immer mehr auf, wurde sie immer offener zur Schau getragen: die Kapitulation vor dem Kapital. Klar, Politik und Wirtschaft gehören schon von jeher zusammen, doch wie eng sie miteinander verknüpft sind, wie sehr sich unsere „Volksvertreter“ vom Geld haben abhängig machen lassen, das wird seit 2001 immer deutlicher. Erst schwarz-rechtspopulistisch (wird so gerne vergessen, wie unser Spaß-EB an die Macht kam), dann rein-schwarz, nun grün-schwarz — geändert hat sich nicht viel. Geld, das nicht da ist, wird mit offenen Händen ausgegeben. Nicht für sinnvolle Dinge, sondern für die hier bekannten „Leuchtturmprojekte“. Gewisse Politiker sind der Meinung, man, in diesem Fall die Stadt Hamburg, müsse in die Welt hinausschreien. Sie setzen sich selber Denkmäler, auf dass man sich in vielen Jahren noch an sie erinnern möge. Frei nach dem Motto Auch schlechte Werbung ist Werbung sind hier auch Denkmäler, die niemand wollte, die niemand brauchte, die sich niemand leisten konnte eben Denkmäler.
Welche Auswirkungen?
Eine der offensichtlichsten Änderungen, hervorgerufen durch dieses Verhalten, ist das Stadtbild an sich. Wenn gebaut wird und alles schick und modern sein soll, entsteht Eintönigkeit und Langweile in Form von Stahl- und Glasbauten, vermischt noch mit der Container-Bauweise, bei der Etagen oder auch nur einzelne Wohnungen versetzt sind. Man stelle sich Container vor, die nicht in Reih und Glied übereinander gestapelt werden, sondern krumm und schief. Einmal gesehen ist es lustig, an jeder Ecke langweilig.
Die neuen Wohnungen sind — wer hätte es gedacht — teuer. Otto Normalverbraucher kann sich das nicht mehr leisten. Gerade letzte Woche hatte ich eine Freundin zu Besuch, die 18 Jahre im Ausland war. In Hamburg eine Wohnung zu bekommen, meint sie, ist viel zu teuer! London sei sogar mittlerweile günstiger, hieß es. Sozialverträglicher Wohnungsbau ist in Hamburg vielleicht bekannt, so als Wort, angewandt wird das Konzept jedoch nicht. Alles muss strahlen und blitzen, groß und teuer sein.
Die Architektur, das Gesicht Hamburgs, wird langweilig. Der Einwohner-Mix zwischen den einzelnen Gehaltsstufen immer mehr „gen oben“ verschoben und somit verarmt die Stadt auch hier. Ein weiterer, auffallender Punkt im „neuen Hamburg“, ist die Tatsache, dass das Wort Umwelt oder gar Umweltschutz hier nicht mehr zu existieren scheint.
Die Initiative Rettet den Buchenhofwald hat eine Liste der für Bauvorhaben abgeholzten Bäume:
- Buchenhof-Wald — 162 Bäume
- Waldbiotop Schnelsen — 400 Bäume
- Moorburgtrasse — 400 Bäume
- Int. Gartenausstellung — 3.300 Bäume?
- Osdorfer Feldmark — 1.048 Bäume?
„Grün“ ist Hamburg nur noch in Verbindung mit Schwarz vorhanden und das auch nur hinter den Türen der Behörden, nicht aber im realen Leben. Kapieren denn unsere Politiker, unsere Volksvertreter, unsere Stadtverwalter nicht, dass man eine Stadt nicht grau zubetonieren kann? Oder ist es ihnen egal? Alles zubauen, Hauptsache in der eigenen Tasche stimmt das Geld …?
In den letzten Monaten haben wir dafür Beispiele am eigenen Leibe erfahren dürfen, dass der Bürger nichts mehr wert ist. Er ist nur dazu da, um seine Kreuze zu machen. Wenn er den Mund aufmacht, wird er nicht gehört. Das Recht hat er längs verspielt — ohne gespielt zu haben.
Zudem durften wir erfahren, dass auch Natur nichts mehr wert ist. An allen Ecke und Ende wird Hamburg zubetoniert, wofür Bäume abgeholzt werden. Hat da jemand Aktien in Kettensägen-Fabriken und muss deswegen unzählige Bäume umlegen? Krönung ist die Planierung eines Biotops — für die Umweltbehörde! Krank …
An dieser Stelle, so abgedroschen und alt der Spruch auch sein mag, fällt mir nur wieder der Satz von Greenpeace ein:
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann…
Und ja, ich weiß, dass der Spruch einem Indianerhäuptling nachgesagt wird. Ich kenne ihn aber noch aus den späten 80ern — von Greenpeace. Unsere Politiker scheinen diesen Spruch entweder nie gehört zu haben, oder sie ignorieren ihn gekonnt.
Auch wenn ich ich aus meinem Philosophie-Kurs an der Schule nicht viel mitgenommen habe (schlechter Lehrer), aber eines ist hängen geblieben: Wir haben eine Verpflichtung unseren Nachkommen gegenüber. Das bedeutet, dass man sich nicht hinstellen und auf alles pfeifen kann, sich die Taschen füllt um jeden Preis — Hauptsache, es geht einem selber dabei gut. Es werden noch Nachkommen gezeugt, liebe Politiker. Vielleicht nicht von jedem von Euch, aber das entbindet Euch nicht von der Pflicht, zukünftigen Bürgern einen bewohnbaren Flecken Erde zu hinterlassen, der nicht mit Glas- und Stahlbauten zugestellt ist. Hört auf, Euch in einer Tour an der Natur zu vergehen.
Boah, ich höre mich an wie so ein Alt-Öko …
Kommentar (1)
Das würde ich so jetzt nicht sehen. Du hast grundsätzlich ja nicht Unrecht mit Deiner Schilderung. Es handelt sich aber keineswegs um ein Hamburger Problem. Hamburg ist vielmehr wie ganz Deutschland Opfer deutscher Politik. Und meine Befürchtung ist, dass sich dies auf lange Sicht nicht ändern wird. Regiert „Schwarz-Grün-Gelb“ verspricht Rot (Rot) alles mögliche.
Ist Rot (Rot) dann am Drücker dauert es nicht lange bis sich die Versprechen als Seifenblasen erweisen… „Schwarz-Grün-Gelb“ gibt wieder Versprechungen ab.
Aus diesem Teufelskreis sehe ich kein Entkommen – leider.