Sollte das jetzt schon das zweite Mal sein, dass wir seit der Krönung von König Beust vorgezogene Neuwahlen haben? Erst ließ er sich mit Hilfe eines Rechtspopulisten auf den Thron hieven. Nach zwei Jahren dann der Break — von dem ich immer noch denke, er war abgesprochen. Jetzt also wieder? Und warum? Weil Hamburgs Spaß-EB „amtsmüde“ geworden ist. Wie wäre es denn mal mit ein wenig mehr Stehvermögen. Ja, die Stimmung ist nicht gut für schwarz-grün. Wen wundert’s?
In neun Jahren hat der EB — und seine wechselnde Entourage — ein ums andere Mal des Volkes Meinung einfach mit Füßen getreten. Es wurden Millionen zum Fenster hinausgeworfen, weil man sich selber Denkmäler setzen wollte. So eine Regentschaft währt nicht ewig — wie wir jetzt sehen — da muss man vorarbeiten, damit sich das Fußvolk auch in Zukunft an einen erinnert. Noch nie wurde städtischer Boden so schnell versiegelt, wie unter von Beust — ohne dabei den nötigen sozialen Bau zu berücksichtigen. Der benötigte Wohnraum wurde nicht geschaffen. Die Liste der Verfehlungen ist lang. Auch wenn die Medien nach der gestrigen Ankündigung, der EB würde zurücktreten wollen, nicht mit Lobeshymnen geizten … (Weitere Stichwörter zum Nachdenken: Krankenhausverkauf, Kniefall vor Vattenfall, Moorburg, Büchergeld, U4-Millionengrab, Baumrodungen im großen Stil, HSH-Nordbank-Desaster … )
Nun haben wir Volksentscheid in Sachen Schulreform. Ein Projekt, das er von seinem Koalitionspartner angenommen hat. Doch die Schafe Bürger sind irgendwie nicht 100%-ig hinter dem Bürgermeister und seinen Mannen, wie man der Presse in den letzten Tagen entnehmen konnte. Schon wird die Amtsmüdigkeit größer. Schwerer. — Nein, das hat alles nichts miteinander zu tun. Daher auch der Rücktritt vor einer möglichen Schlappe am Abend (wie der Volksentscheid ausgeht ist schließlich noch ungewiss).
Kultursenatorin von Welck nimmt ebenfalls den Hut. Aus Loyalität. Oder weil sie wegen der Kostenexplosion bei der Elbdisharmonie in die Kritik geriet. Wer kann schon wissen, was in einem Politikerkopf vor sich geht …
Was kommt nach dem Rücktritt?
Als die Nachricht am Sonnabend schon in Stein gemeißelt wurde, kam verständlicher Weise die Frage nach der Nachfolge auf. Innensenator Ahlhaus stand ganz oben, tut es immer noch. Wenn ich daran denke, dass dieser „harte Knochen“ an oberster Spitze steht, kann ich jeden verstehen, der aus Hamburg wegziehen möchte.
Der Koalitionspartner GAL, der am Sonnabend noch nichts von einem Rücktritt wissen wollte, fände eine Zusammenarbeit mit Ahlhaus nicht so prickelnd. Aber „Regieren ist geil“ und man hat Blut geleckt. Mit Murren könnte man wohl für nicht einmal mehr zwei Jahre auch noch Ahlhaus aushalten. Auch wenn es schwer fiele.
Also alles in bester CDU-Manier aussitzen? Oder sollte, wie es die SPD fordert, ein Neuanfang gewagt werden, sprich Neuwahlen? Das Argument könnte ziehen, wonach die Bürger es nicht besonders toll fänden, würde man ihnen plötzlich einen neuen Ole vor die Nase setzen, der aber nicht mehr so flauschig ist wie der alte. Immerhin haben die Hamburger eh nicht auf ein Parteiprogramm geschaut, sondern lediglich eine Figur gewählt. Ich sage nur: Elbe, Alster, Ole
. Inhalte suchte man in diesem „Wahlprogramm“ vergeblich. Es wurde also „Ole“ gewählt, da kann man nicht einen Christoph hinsetzen, der ebenfalls in der Kritik steht („Sicherung“ seiner Villa, Videoüberwachung).
Neuwahlen sind also keine schlechte Idee. Aber was mich daran stören würde: Die GAL würde wahrscheinlich wieder mit an die Regierung kommen. Nachdem sie sich so schön prostituiert haben, würden sie mit den Sozis rummachen wollen, als ob nichts gewesen wäre?
Neuanfang für Hamburg
Ich bin jedenfalls froh, dass wir Beust los sind. Vielleicht ist das ein guter Neustart (nach Neuwahlen) für Hamburg, das mir schon lange nicht mehr so sehr gefällt wie früher. Ich wünsche mir jedenfalls ein gerechteres Hamburg. Ein Hamburg, das nicht nur Weltstadt spielen möchte und seine Stadtteile einen nach dem anderen durch höhere Mieten oder leer stehende Bürogebäude „säubert“.
Um den zum 25. August ausscheidenden EB muss man sich keine Sorgen machen. Zum einen dürfte er eine sehr nette Rente bekommen, zum andere böte sich sonst bestimmt auch ein Job bei Vattenfall an. Oder bei Hochtief …
Was mich an dem Rücktritt stört: Ich verliere eine Wette, wonach der Spaß-EB nach dieser Legislaturperiode noch eine weitere inne haben würde.