Vor gut zehn Jahren war ich auf einem Konzert von Pearl Jam. Nachdem wir uns in der vollen Alsterdorfer Sporthalle zwei oder gar drei Vorgruppen haben anhören müssen — ich weiß noch, dass sie schlecht waren —, kam endlich die Band auf die Bühne, für die ich so viel Geld gezahlt hatte. Da passierte etwas … ich mag nicht sagen „Magisches“, aber in die Richtung ging es schon. Frontmann Eddie Vedder trat auf die Bühne und ich glaube, ich spreche für viele, wenn ich sage, dass dem Kerl die Herzen zuflogen. Das hatte nichts amouröses an sich. Eddie Vedder ist einfach nur unglaublich charismatisch. Obwohl er mehr oder weniger seine s.o. lediglich abgespult hat, kam von dem Mann eine ungeheure „positive Energie“ herüber. So etwas habe ich nie wieder erlebt. Einfach ein verdammt netter Typ, als er da auf der Bühne stand. ‚Bester Kumpel‘ fällt einem dazu nur ein.
In meinem früheren Job saß ich in einem Großraumbüro. Jeden Tag musste einer aus der Belegschaft, oft aber „von außerhalb“, eine Kritik zu dem Produkt abgeben, dass am Vortag geschaffen wurde. Wie bereits erwähnt, trat dort der sich für sehr wichtig haltende, jetzige EB von Hamburg auf, ebenso aber auch der damalige Bundesminister für Arbeit und Soziales. Ferner schaute irgendwann ein junger Mann vorbei, der mir beim Eintreten in das Büro sofort unangenehm war.
Während Eddie Vedder alle Herzen gewann, konnte dieser Mann, erlebt man ihn „live und in Farbe“, keinen Blumentopf gewinnen. Es sei denn, man stand voll auf seiner politischen Schiene. Dieser Mann, der zur Tür hereinkam, seine Haare streng nach hinten gegelt trägt und bei mir sofort Widerwillen hervorrief — war der amtierende Verteidigungsminister. Ja, genau der, den die Medien derzeit schon zum nächsten Kanzler aufbauen. Das ist wie mit dem Radio. Da werden oft enorm schlechte Lieder gespielt, die eigentlich Ladenhüter sein müssten. Aber da die Sender diese Stücke rauf- und runterspielen, immer und immer wieder, denkt sich der Zuhörer „Wenn die das so oft spielen, muss es ja gut sein“ — und kaufen den Tonträger.
Wenn die Medien andauernd von diesem Mann als zukünftigen Kanzler sprechen, dann muss das wohl stimmen. Medien lügen bekanntlich nie.
Der italienische „Schock-Fotograf“ — ne, das klingt doof —, sagen wir der oft provozierende Fotograf Oliviero Toscani hat, auf den „zukünftigen Kanzler“ angesprochen, dies so schön gesagt:
Wenn es Ihrem Verteidigungsminister gefällt, Bilder zu inszenieren, müssen Sie über Ihren Minister nachdenken und urteilen, nicht über das bild. Wenn er zu der Art Politiker gehört, die inszenierte Bilder lieben, heißt das vielleicht, dass er nicht so gern die Wahrheit sagt. Er schätzt die Inszenierung, seine Politik wird zum Theater. Wenn sich Ihr Verteidigungsminister nicht sicher ist, was er ist, dann gefällt ihm, es zu inszenieren, was er nicht ist.
Muss man dazu noch etwas sagen? Außer vielleicht, dass mir Männer mit gegelten Haaren stets suspekt sind. Ich denke da an den Chefredakteur von Deutschlands größtem Boulevardblatt, dem Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank — oder eben dem derzeit von den Medien gepushten Theater-Minister.
Wie bereits erwähnt: So in Fleisch und Blut — kommt der echt unsympathisch! Da hilft auch keine Muster-First-Lady, die im TV einen auf Tränendrüsen-Gangsterjägerin macht. Wie immer gilt: Die Schafe suchen sich ihren Schlachter selber aus. Diesmal scheint das Aussehen das Auswahlkriterium zu sein.