Auf einmal fühlt man sich zurückversetzt in die 80er. Eine große Welle und eine Explosion später sind sie wieder auf der Straße, plötzlich taucht die rote „Atomkraft Nein Danke“-Sonne an jeder Ecke auf. So war das in den 80ern auch schon mal. Da brauchte es jedoch keine Naturgewalt, die menschliche (mangelhafte) Technik zerstörte und Angst freisetzte. Damals war die Angst schon vor dem GAU in Tschernobyl vorhanden.
Es ist gut, dass jetzt zehntausende Bürger auf die Straße gehen und in den großen Städten Deutschlands gegen Atomenergie protestieren. Es ist gut, dass die Regierung einlenkt und „irgendwas gegen Atomkraft“ machen will. Blöd ist nur, dass die Regierung aus reinem Aktionismus und Wahlkalkül agiert. Im Grunde wollen sie doch gar nicht von der Atomkraft lassen. Immerhin sind Politik und Atomlobby stark verzahnt, da möchte man doch seinen „Freunden“ nicht ans Bein pinkeln.
Wie sehr die Atomkraft mit der Politik verquickt ist, zeigt — so finde ich — dieser Bericht in der Zeit sehr schön, der die Geschichte der Atomenergie in der Bundesrepublik Deutschland nacherzählt. Die Stromanbieter selber waren zunächst von der Atomenergie gar nicht so angetan, standen ihr skeptisch gegenüber. Doch dann öffnete die damalige Politik die Büchse und herauskam ? Geld! Das überzeugte schließlich auch die großen Stromanbieter. Das Geld, das einst in die eine Richtung floss, dürfte wohl heutzutage auch in die andere Richtung fließen. Die schwarz-gelbe Regierung will eher nicht so schnell aus der Atomenergie aussteigen — inoffiziell.
Nun also Demonstrationen. Alle Macht geht vom Volke aus. Klar. Die Menschen wollen auf einmal (wieder) keine Atomenergie. Dabei war sie bis vor Fukushima noch sauber. Anders als Energie aus Kohle. Und diese blöden Windräder, die machen ja die Landschaft kaputt. Das geht auch nicht.
Nun ist Atomstrom nicht mehr so sicher und sauber. Doch die Stromanbieter, die, die erst an den Trog herangeführt werden mussten, die machen Panik und zeichnen die Horrorszenarien, dass wir alle keinen Strom mehr haben werden, wenn urplötzlich alle AKWs still stünden. Noch ein bisschen wild mit den Armen gefuchtelt und die Stimme gesenkt — fertig ist das Schauermärchen.
Egal. Die Bürger glauben nicht mehr das Märchen und wollen raus. Hin zu Ökostrom. ‚Erneuerbare Energien‘ ist der neue Schlachtenruf und soll und ins gelobte Konsumentenland führen.
Schön und gut. Bin ich voll dafür, aber eines wird in der aktuellen Diskussion um den Ausstieg nicht erwähnt. Ich habe es jedenfalls noch nicht mitbekommen. Es ist toll, sich wild skandierend und eine Rote-Sonnen-Fahne schwenkend durch die Straßen zubewegen. Das ist eine Art des Handels. Ist es das wirklich? Denn im Endeffekt sollen doch „die da oben“ handeln. „Hey, ihr Politiker! Sorgt dafür, dass wir unseren Strom sicher, ohne Atomschmutz bekommen!“
Was stets vergessen wird: Der erste Schritte sollte nicht der auf die Straße sein. Der erste Schritt sollte hin zum Fernseher sein, hin zum Computer, hin zum Lichtschalter. Macht Euren Fernseher aus! Zieht den Stecker, lasst ihn nicht aus Bequemlichkeit im Stand by-Modus. Selbes gilt für Euren Rechner. „Aber der braucht so lange zum Hochfahren?“ ist kein Argument. Macht ihn aus, legt den Schalter der Steckdose um, so dass kein Strom mehr fließt. Wenn Ihr den Rechner anmacht, dann geht und redet mit Eurem Partner, mit den Kindern, kocht einen Kaffee, holt die Zeitung rein, bringt den Müll raus. Oder genießt einfach die paar extra Sekunden Ruhe! Und wenn Ihr einen Raum verlasst, dann macht dort das Licht aus! Herr Gott, Ihr habt es doch selber in der Hand, den Stromverbrauch zu reduzieren! Wenn nicht mehr so viel Strom gebraucht wird, dann reichen auch die angeblich ach-so-unzuverlässigen Windkraft- und Solaranlagen. Wenn Ihr keinen Strom braucht, dann muss der auch nicht produziert werden.
Also: Fangt bei Euch an. Fangt an nachzudenken und macht endlich Eure Stromfresser — und seien sie noch so harmlos — aus!
Es ist absolut richtig, sich hinzustellen und eine andere Energiepolitik zu fordern. Aber das bedeutet nicht nur, dass der Strom von woanders herkommt. Das bedeutet auch, dass wir unseren Stromkonsum verändern müssen. Drastisch. Fangt an, weniger Strom zu verbrauchen. Das gilt übrigens nicht nur im eigenen Haushalt. Auch auf der Arbeit. Müssen Bürogebäude in der Nacht hell erleuchtet sein? Nein. Oder auf der Straße: Muss jede Miniweg mit dem Auto zurückgelegt werden? Nein. Auch das ist Energie, die unnötig verbraucht wird.
Und wenn sich jetzt wieder einmal jemand mit den Armen in der Hüfte und kopfschüttelnd hinstellt, nur um zu proklamieren, dass es doch alles nichts nützen würde, solange die Amerikaner und die Chinesen solche Umweltschweine sind ? Falsch. Auch unser Verhalten nutzt sehr wohl etwas! Wenn das Wall Street Journal behauptet, die Deutschen hätten nun eine Ideologie entdeckt, mit der sie sich der Welt als Gutmenschen präsentieren könnten
— dann ist es doch nur gut, wenn wir es „denen“ zeigen. Und ich meine nicht mit roten Sonnen auf dem Facebook-Profil …
Kommentar (1)
Atomkraft ist nicht Beherrschbar dürfen nicht locker lassen bis der letzte Meiler von Netz ist.