Im Laufe der Zeit gab es die eine oder andere Comic-Serie, die eingestellt wurde, einige Zeit schlummerte und dann mit neuem Kreativ-Team, sowie oft neuen Mitgliedern, das Licht der Comic-Welt erneut erblickte. Dann wurde der Zähler auf 1 zurückgedreht und die Serie startete neu. Besonders im Comic-Entwicklungsland Deutschland, wo die Akzeptanz den Comics — besonders den Superhelden-Comics gegenüber — nicht so stark ausgeprägt ist, gab es hin und wieder eine neue Nummer 1 einer Serie.
Doch was DC Comics — Heimat von Superman, Batman und Co. — in diesem September machen will, das hat nichts mit einem Neustart einer Serie zu tun. Der Comic-Verlag will alle Titel auf #1 setzen. Sogar so lange laufende Serien wie Action Comics (Superman) oder Detective Comics (Batman) werden mit der 1 versehen.
Dieses Zurücksetzen beinhaltet zudem diverse Kostümänderungen. Superman verliert seine rote Unter-Überhose, bekommt einen neuen Gürtel und neue Stiefel. Aber auch andere Helden werden von einem Monat auf den anderen komplett neu eingekleidet „um Charaktere leichter indentifizierbar und zugänglich für neue und alte Fans zu machen“.
Bereits Ende August wird die Justice League aus der Feder von Geoff Johns und Jim Lee neu nummeriert. DC wird als erster der beiden großen Comic-Verlage außerdem erstmals die Print- sowie die digitale Ausgabe zeitgleich herausbringen. Ganz klar ein Vorstoß auf neue Vertriebswege wie iPhone, iPad und ähnliche elektronische Geräte, in denen man „neu lesen kann“.
Schöne neue Welt?
Das sind die Fakten. Alles neu. Warum DC sich zu diesem Schritt entschieden hat, habe ich bisher noch nicht verstanden oder irgendwo gelesen. Die Frage kommt aber unweigerlich auf. Wieso machen die das?
Vermutlich stecken sinkende Zahlen dahinter. Wie oben schon erwähnt, dienen die neuen Kleider der Helden u.a. als leichter Einstiegspunkt für neue Leser. Alles wird moderner — siehe solche Kleinigkeiten wie die verschwundene Über-Unterhose. Doch was sagt die alte Leserschaft dazu? Wie man so liest, scheinen die sich nicht gerade gut bedient zu fühlen.
Wenn DC mit Events wie „Crisis on Infinite Earths“, „Zero Hour“ oder „The Final Nicht“ „alte Sünden“ ausgebügelt hat, dann war das zu verstehen. Im Laufe der Zeit mussten Ungereimtheiten in der DC-Kontinuität, die durch Hinzukäufe aus anderen Verlagen (z.B. „Captain Marvel“, „Plastic Man“) entstanden sind, bereinigt werden.
Doch irgendwann wurden die so genannten Crossover immer mehr, also Ereignisse und Geschichten, die das gesamte DC-Universum betrafen und somit in jeder Serie behandelt wurden. Das führte bei mir z.B. dazu, dass ich nach „Infinite Crisis“ aufgehört habe, DC-Superhelden-Comics zu lesen. Das konnte man sich nicht mehr leisten. Man wollte die gesamte Geschichte erfahren, also musste man jedes Extra kaufen, nicht mehr nur noch die Stamm-Comics. Ein Umstand, den ich sehr schade finde. Folgende Events wie „Countdown“, „Final Crisis“ oder „Blackest Night“ hatten — soweit ich weiß — nicht mehr viel mit „Ausbügeln“ zu tun. Und wenn doch, bleibt die Frage, warum es immer neue Bügel-Sitzungen gab und nicht nur eine große?
Das wird bei dem Relaunch von DC im September wohl auch nicht anders sein.
Ein weiterer Grund könnte sein, dass sich DC, angespornt durch die jüngsten Batman-Filmerfolge, auch mehr aufs Film-Geschäft einlassen möchte. Und da im Film Dinge, die im Comic funktionieren, nicht immer gut ankommen (da ist sie wieder, die Über-Unterhose), könnte der Neustart der Serien mit frischen Kostümen (und eventuell auch frischen Geschichten?) ein Grundstein für weitere Filme sein. Nur so eine Idee.
Langjährige Leser verprellen?
Trotzdem denke ich einmal, dass gerade am Anfang die alteingesessenen Fans sich vor den Kopf gestoßen fühlen werden. Ob das dann eine so gute Idee ist?
Auf Ace Comics schreibt ein Verkäufer, dass er auch nicht begeistert ist von dem Reboot. Wohl schon deswegen, weil DC die Verkäufer und Comicladenbesitzer nicht rechtzeitig informiert hat. Auch er kritisiert die ewigen Tie-Ins, also Fortführungen der Hauptgeschichte in anderen Serien, wie es wohl zuletzt bei der den Relaunch einleitenden Geschichte „Flashpoint“ der Fall sein soll. Seine Forderung: Weniger Titel, dafür bessere Storys und gute Zeichner. Das würde auch die „alten Kunden“ bei Laune halten. Unterm Strich ist das alles schlicht zu teuer!
Das mit dem Reduzieren der Titelzahl kann ich sehr gut nachvollziehen. Als in den 90ern Dino mit den Superhelden-Comics in Deutschland Fuß fasste, waren die auch von dem Erfolg so berauscht, dass sie immer mehr Titel auf den Markt warfen — inklusive der leidigen Mangas, die meiner Meinung nach den Superhelden-Markt extrem geschwächt haben. Wo das hingeführt hat, wissen wir: Der Dino-Verlag ist nicht mehr …