Der 31. August 2011 war ein großer Tag für den Comicverlag DC. Alle wichtigen Charaktere wurden neu aufgelegt, alle Reihen zurückgesetzt auf Nummer 1, die Kostüme neu geschneidert, die Geschichten teilweise umgeschrieben. Außerdem ging der Verlag den — angenehmen — Schritt und veröffentlicht seit dem Neustart alle Hefte als Print und in digitaler Form (!) am selben Tag.
Seit 1934 besteht der Verlag, der so bedeutende Figuren wie Superman, Batman und Wonder Woman hervorgebracht hat. Die Charaktere sind über die Jahre gewachsen, sind durch das sog. Golden Age, dann durch das Silver Age gegangen. Es wurden Verlage oder Figuren hinzugekauft und in die Kontinuität integriert. Dabei kam es immer wieder zu Ungereimtheiten, die in großen Events wie der Crisis on Infinite Earths oder der Zero Hour glattgebügelt wurden.
Das letzte große Event, das ich mitgemacht habe, war 2009 die Final Crisis. Diese groß angelegten Geschichten haben einen Nachteil: Liest man eine Reihe, bekommt man bei der das gesamte DC-Universum (DCU) umspannenden Geschichte nur einen Teil mit. Tatsächlich sind aber immer (fast) alle Charaktere davon betroffen. Also muss man auch noch links und rechts weitere Comics kaufen, um die Geschichte in ihrer vollen Blüte erleben zu können. Das ist teuer! Danach hörte ich auf, Superhelden-Comics zu kaufen.
Als ich von dem Neustart das erste Mal las, dachte ich noch, das sei eine Unverschämtheit, die wollen doch den Lesern nur das Geld aus den Taschen ziehen. DC selber erklärte, man wolle sich einem jüngeren Publikum zuwenden und ihm die Chance geben, endlich auch in die Geschichten einzusteigen. Wenn eine Reihe bei Nummer 700 angelangt ist, kann das abschrecken. Was hat man nicht schon alles verpasst? Außerdem sollten die Kostüme nebenbei etwas moderner werden.
Dabei geht es um das ewige Thema „Unterhose über dem Kostüm tragen“. Das mag in den 1940ern in Ordnung gewesen sein, mittlerweile wirkt es lächerlich. 1998 wurde Superman schon einmal komplett umgekrempelt. Er wurde eine Figur aus Elektrizität und war in seiner Nicht-Superman-Form ein ganz normaler Mensch, der auch verwundbar war. Damals hatte er einen schnittigen blau-weißen Anzug ohne Cape und ohne „Unterhose drüber“. Die Leser ließen Superman Blau (und später Superman Rot) keine Chance. Der Mann aus Stahl kam mit roter Unterhose über blauem Strampler zurück.
Die neuen 52
52 Serien wurden nun komplett neu gestartet. Wie kam es dazu? Wie kann man so einen gravierenden Schnitt vornehmen? Mit einem Großereignis. Natürlich ?
Nachdem sich der alte Flash Barry Allen in der Crisis on Infinite Earths geopfert hatte, kam er 23 Jahre später in der Final Crisis zurück. In der das DCU überspannenden Geschichte Flashpoint spielt er dann eine sehr wichtige Rolle. Der zweite Flash wacht auf und befindet sich in einem veränderten Universum. Die Geschichte ist komplett anders geschrieben, doch er erinnert sich an seine Welt, allerdings schwinden auch diese Erinnerungen langsam. Schließlich bekommt Barry alles wieder hin — mit kleinen Modifikationen. Und das ist das Universum, in dem wir nun seit dem 31. August lesen dürfen.
Dank des Schachzugs „Same Day as Print“ können die Leser auch außerhalb der USA schnell in den Genuss ihrer Superhelden-Geschichten kommen. Ich benutze dazu die DC-App auf dem iPad. Vorteil: 1.) Lesevergnügen am selben Tag, also kein halbes Jahr warten, bis die Geschichten übersetzt sind und in die deutschen Kioske kommt. 2.) Platzersparnis. Meine bisherige Leseleidenschaft kostete Platz. Die Hefte nehmen Raum ein. Das fällt nun weg. Hoffentlich hält der Speicherplatz noch lange.
Hier die Serien, die ich im Zuge der Neuauflage gelesen habe.
Justice League
Die Liga war das erste Heft der neuen 52, das veröffentlicht wurde. Die Printausgabe war wahnsinnig schnell vergriffen, DC musste nachdrucken. Die zweite Auflage ist auch schon weg. Tatsächlich war die ustice League nicht mein erstes Heft. Ich wollte eigentlich überhaupt nicht den Hype mitgemacht haben, aber die Neugier war zu stark.In der ersten Ausgabe der Justice League treffen wir Batman, der in Gotham als Vigilant gejagt wird. Der dunkle Ritter bekommt unerwartet Hilfe von Green Lantern. Die beiden Helden kennen sich nicht, es gibt auch noch keine Liga. Zusammen verfolgen sie ein Wesen, das, wie sich herausstellt, etwas mit einer seltsamen Box zu tun hat. Alte DC-Hasen wissen, dass es sich hierbei um eine Motherbox von Apokolips handelt. Also muss irgendwie Darkseid seine Finger im Spiel haben. Weil Batman und Green Lantern vermuten, dass es sich bei der Box um etwas außerirdisches handelt, kommen sie auf „den Typen in Metropolis“. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg Superman zu treffen.
Gleichzeitig lernen wir etwas über den jungen Vic Stone, der noch völlig gesund als Football-Ass an seiner Highschool spielt. Erfahrene DC-Leser wissen, dass Vic später Cyborg werden wird, doch davon ist er noch weit entfernt.
Also haben wir als Neuerungen (neben den Kostümen) die Tatsache, dass sich die Helden alle noch nicht kennen, noch keine Liga gegründet haben und Vic ist noch ohne mechanische Teile.
Geoff Johns hat die Geschichte geschrieben, Jim Lee gezeichnet.
Swamp Thing
Angefangen habe ich meine 52-Lesereihe mit dem Swamp Thing. Ein DC-Charakter der schon lange auf der Bühne steht, doch immer eher am Rande, dort wo es dunkel ist. Unter anderem Alan Moore schrieb Geschichten für das grüne Naturmonster, das seine Wurzeln in dem Ur-Comic von House of Secrets hat.Im Reboot sehen wir Alec Holland, der lange Zeit das Swamp Thing war, abgelöst von dem Monster. Er arbeitet als Handwerker auf dem Bau und scheint sich bei der Arbeit auch ganz wohl zu fühlen. Hin und wieder streckt die Natur ihre Fühler — besser: Wurzeln oder Ranken — nach Holland aus, doch er ist das Swamp Thing los.
Derweil passieren seltsame Dinge in der Natur. Unerklärliches Massensterben von Vögeln, Fischen und anderen Tieren. Superman macht sich auf den Weg um mit Holland zu sprechen, doch der will nichts davon wissen.
Irgendwo in einer Wüste erhebt sich ein grausames Etwas, das Menschen tötet.
Scott Snyder hat die Geschichte geschrieben, Yanick Paquette liefert die detailreichen Zeichnungen. Wird weitergelesen.
Animal Man
Mein zweiter Comic aus der New 52-Reihe. Angefixt von der beindruckenden Swamp Thing-Geschichte, wollte ich mehr. DCs Plan ging also auf. Ich war am Haken.Buddy Baker hat den Höhepunkt seiner Karriere als Animal Man hinter sich. Er möchte eigentlich nur mit seiner Frau Ellen sowie seinen beiden Kindern Cliff und Maxime, die sich nichts sehnlicher wünscht als ein Haustier, ein ruhiges Leben führen. Er versucht sich als Schauspieler. Vielleicht ist das ja etwas. Hin und wieder zieht er dann doch das (neue) Kostüm an und hilft der Polizei. So auch diesmal bei einem Fall, in dem ein Vater nicht über den Tod seines Kindes hinwegkommt und im Krankenhaus eine Geisel nimmt.
Nach dem Einsatz läuft etwas verkehrt mit Buddy. In der Nacht bekommt er zudem noch einen absolut fiesen Albtraum, in dem seine kleine Tochter Maxime eine Hauptrolle spielt.
Geschrieben wurde Animal Man von Jeff Lemire. Die Story fängt ruhig an, zeigt aber viel vom Charakter und endet mit etwas, von dem ich sagen würde: „Hat viel Potenzial!“ Travel Foreman lieferte die — für meinen Geschmack — nicht so tollen Zeichnungen.
Justice League International
Die UN will eine Superheldentruppe haben, die sie a.) kontrollieren kann und die b.) international einsetzbar ist. Andre Briggs ist der Chef der U.N. Intelligente und muss vor den internationalen Mitgliedern die Zusammensetzung des Superheldenteams erläutern. Helden aus Russland, China, Großbritannien, Norwegen, Brasilien und afrik. sind dabei. Natürlich auch Amerikaner. Booster Gold soll das Team anführen. Green Lantern Guy Gardner ist da nicht so erfreut drüber.Der erste Einsatz der JLI führt das noch kantige Team nach Peru, wo Wissenschaftler im Urwald vom Erdboden verschwunden sind. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit an Bord des Fliegers, der das Superheldenteam nach Südamerika bringt: Batman. Quasi als Verbindung zu den „Großen“ bei der Justice League. Im Urwald kommt es dann zu einem gewaltigen Kampf mit Angreifern, die aus der Erde gekrochen kommen.
Für die Action in der Geschichte sorgt kein geringerer als Dan Jurgens, der ja auch schon mal Superman über die Klinge hat springen lassen. Die Zeichnungen stammen von Matthew Ryan.
Stormwatch
Von einem Außenseiter-Heldenteam gleich zum nächsten. Stormwatch nennt sich eine Gruppe Helden, die nicht an vorderster Front kämpfen. Im Hyperspace treibt eine Raumstation, der Hauptsitz der Stormwatch-Truppe. Während Adam One und Jennifer Emily Quantum, ein sog. „Century Baby“ die die physikalischen Gesetze beugen kann, in der Raumstation beobachten, macht Mitglied Harry Tanner eine unheimliche Entdeckung auf dem Mond.In Moskau treffen wir darüber hinaus noch Jack Hawksmoor, der mit Städten kommunizieren kann, der Martian Manhunter und Projectionist, die Medien beeinflussen kann. Das Trio ist auf der Suche nach einem neuen Mitglied für Stormwatch. Doch Apollo, über den man nicht viel weiß, will nicht zu dem Team gehören. Er will zu keinem Team gehören, sondern nur alleine sein. Apollo fiel auf, weil er einen Kinderschänder ermordet hat, Superkräfte zu haben scheint und es sogar mit Superman schon aufgenommen hat. Doch er will nicht.
Aber vielleicht kann der Midnighter sein Interesse wecken? Der möchte Apollo an seiner Seite wissen, damit er alle Bösen auf dem Planeten auslöschen kann.
Die Story um die Profis — denn Superhelden sind nur Amateure — schrieb Paul Cornell. Die Geschichte und die Figuren haben viel Potenzial. Die Zeichnungen stammen von Miguel Angel Sepulveda.
Detective Comics
Batman jagt den Joker. Der Prince of Crime ist skrupellos, hat schon viele Menschen auf dem Gewissen — das muss endlich enden. Dumm nur, dass der Bürgermeister von Gotham im Wahlkampfmodus ist und somit Jagd auf Batman machen lässt. Gothams Finest sind also nicht gerade eine Hilfe. Der Joker scheint Batman immer einen Schritt voraus zu sein. Das zeigt sich auch in der Wahl der Opfer, die der Joker „übrig lässt“.Am Ende unternimmt der Joker drastische — wirklich drastische! — Veränderungen vor, um dem Dunklen Ritter zu entkommen.
Was positiv auffiel: Der Joker kommt mit all den alten Gimmicks daher, die man noch aus den 80ern kennt. Da haben wir das Lachgas oder den elektrischen Handschüttelschocker. Sehr schön nostalgisch.
Das erste Solo-Auftreten Batmans im Rahmen des Reboots stammt aus der Feder von Tony S. Daniel, der auch gezeichnet hat.
Action Comics
In der ersten Ausgabe von Action Comics sehen wir einen jungen Superman. Sein Kostüm besteht aus einem T-Shirt, Jeans und einem Umhang. Er ist noch unerfahren, etwas aufbrausend, sich seiner Kräfte aber bewusst. Er will den Dreck von den Straßen haben, die großen Fische, gegen die nie jemand etwas unternimmt, stehen ebenfalls auf seiner Liste. Dieses Anliegen kollidiert etwas mit den Interessen der Ordnungshüter.Die gesamte Aktion des jungen Helden wird aus dem Hintergrund beobachtet. General Lane und Lex Luthor beobachten ihn, wollen die „Bedrohung“ beseitigt wissen. Luthor hat mehr im Sinn, als Superman nur aus dem Verkehr zu ziehen. In seinen Augen muss diese außerirdische Bedrohung ausgemerzt werden. Koste es, was es wolle.
Großmeister Grant Morrison schrieb die Geschichte mit Potenzial, Rags Morales und Rick Bryant zeichneten.
Das wird spannend zu sehen, wie Morrison die Wende hinbekommt, vom T-Shirt-Helden zum Superhelden wie wir Sups kennen. Auf alle Fälle weiter beobachten.