Niels Freverts neue Scheibe Zettel auf dem Boden ist noch nicht lange auf dem Markt, schon ist der Herr auf Tour gegangen. Mit Band. Hamburg war die zweite Station auf der Tournee. Ein Heimspiel vor „dem besten Publikum“ überhaupt. Behaupte ich als Hamburger mal.
Nach der Ein-Mann-Vorband ging es gegen 21 Uhr los. Die Befürchtung, es würde nach der sehr ruhigen neuen CD auch ein sehr ruhiges Konzert werden, wurden erfüllt. Es waren keine echten Befürchtungen, mehr Vermutungen. Wer ein schnelles Rock-Konzert erwartet hatte, der dürfte herbe enttäuscht worden sein. Von seiner neuen Scheibe wurde so gut wie alles gespielt.
Frevert wurde begleitet von fünf Musikern auf der kleinen Bühne des Uebel & Gefährlich. E-Piano, Schlagzeug, Bass sind „Klassiker“, im Hintergrund saß das Cello, vorn. am rechten Rand ein Allrounder, der neben dem Vibraphone auch der Mandoline, das Akkordeon und die Trompete spielte. Der instrumentale Umfang war also groß und (angenehm) bombastisch. Der 44-Jährige sang wie immer voller Hingabe. Frevert ist ein Mensch, wenn ich den auf der Bühne sehe, weiß ich, dass ihm sehr viel an seiner Musik liegt, so innig scheint die Beziehung zwischen ihm und seinen Liedern. Stets schön anzusehen.
Das kennt man auch schon, dass Frevert selber relativ gesprächsscheu ist. Weiß man drum, akzeptiert man. Um so schöner ist es, wenn er dann doch mit seinem Publikum redet. Gen Schluss, er hatte gerade Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist gespielt, kam er in leichte Plauderlaune. Er wollte etwas von uns hören.
Ich höre euch so gerne zu. Wir sehen uns ja so selten.
Wunderbarer, herzerwärmender Spruch.
Neben den neuen Liedern gab es auch eine Hand voll alter Stücke. Da hatten wir z.B. das Lied Doppelgänger von seiner ersten Scheibe in einer frischen — ich nenne es mal in Ermangelung an Kenntnis von Musik-Richtungen — „Cool-Jazz“-Version. Klasse dargeboten von der gesamten Gruppe. Im Original eigentlich sehr viel E-Gitarre, bekamen wir hier eine ins ruhige Umfeld der anderen Stücke passende Version des Stücks präsentiert. Glückskeks gab es und Seltsam öffne mich von Freverts zweiter Scheibe ebenso. Das letztere Lied in neuem Gewand, nämlich in sehr beschwingter Form.
Interessant war es zu beobachten, dass das Publikum nach Waschmaschine, das Frevert ganz alleine mit akustischer Gitarre spielte, das also noch ruhiger als im Original war, richtig „ab ging“. Der Applaus war lauter als bei anderen Liedern. Es war aber auch schön.
Unterm Strich ein sehr, sehr gelungenes Konzert. Schnelle Lieder hätten die Grundstimmung gestört. Von daher war es voll und ganz in Ordnung, dass es eher ein ruhiges Konzert war.
Einziger Wermutstropfen: Die Technik spielte nicht immer mit. Gerade am Anfang knackte und knarzte es aus den Verstärkern und Freverts Stimme blieb in der Elektronik des Mikrofons verschwunden. Sehr schade. Musik also top, Technik weit davon entfernt! Trotzdem gebe ich volle Punktzahl. Die Technik will ich jetzt einfach mal nicht mit in die Bewertung reinnehmen. Leider hat das Geknartze auch Idioten auf den Plan gerufen, die Frevert mehrmals mit „Mach mal Soundcheck“ nervten. Na gut, sie nervten mich. Auf der Bühne hat er die Zurufe wohl nicht unbedingt verstanden.
Frevert dürfte gerne öfter auf Tournee gehen und vor allem länger spielen. Knapp 90 Minuten inklusive zwei Zugaben ist etwas wenig.
Nils, 09.12.2011