Ist es sicher aus dem Versteck wieder rauszukommen? Der Tag nach dem „Tag danach“ sollte gerade im schnelllebigen Internet genug Zeit sein, um einen sicheren Abstand zwischen sich und den Anderen zu bringen. Heute wird wohl niemand mehr nach dem Mann suchen, der aus einem Ballon gefallen ist. Und am „Tag danach“ wollte ich nichts zu dem Thema posten. Die Stimmung war zu geladen.
Kommen wir gleich zum Punkt: Ich fand den Sprung sterbenslangweilig. So. Nun ist es raus.
Auf einmal brummte die Twitter-Timeline und alle Welt (okay, eher die europäische) schrieb im Minutentakt, wie wahnsinnig spannend das doch alles sei mit dem Rekordversuch und dem Ballon. Links zu Live-Streams gab es einige, also mal auf einen geklickt. Es war wohl gut zehn vor acht Uhr Abends. Da saß ein alter Mann in einem nachgebauten „Space Center“ und ging eine Checkliste durch. Hast Du den Helm richtig auf? Bist Du noch angeschnallt? Oben der Hinweis, wie hoch sich der Ballon mittlerweile befindet. Das ging eine ganze Weile lang. Während ich mich langweilte – weil es passiert ja nichts! – war die Aufregung in meiner Timeline seltsam hoch.
Einzig den Aufnahmen unseres blauen Planeten konnte ich etwas abgewinnen. Der ist nämlich verdammt schön und in 39 Kilometer Höhe sieht man all den Dreck und die Idiotie der Menschen nicht. Das muss wahrlich ein erhebendes Gefühl gewesen sein.
Dann stand der Österreicher auf – und hopste von seiner Plattform. Was folgte war ein freier Fall. Ein Fall, der mich nicht sonderlich gereizt hat. Als der Fallschirmspringer ins Trudeln geriet, fing bei mir auch das Rädchen an sich zu drehen. Neuladen. Er fiel immer noch. Ausgeschaltet.
Es tut mir leid, aber das war nicht wirklich spannend. Wer sich den Aufstieg drei Stunden lang angetan hat und dabei „absolut aufgeregt“ war, der muss schon lange nicht mehr das Musikantenstadel gesehen haben. Ich meine, so ein Ballon steigt langsam und gemächlich nach oben. Was ist daran spannend?
Dass ich mich in der „sicheren Entfernung von zwei Tagen“ melde, hat u.a. damit etwas zu tun, dass nach dem Rekordversuch die Blogger und Twitterer völlig aus dem Häuschen waren. Schnell wurde es persönlich, wenn man Kritik äußerte. Es gab einen Tweet, der beschrieb, dass man für die 50 Millionen, die der Spaß gekostet hat, in afrik. Hunger hätte lindern können. Egal. Wer etwas gegen dieses „Wahnsinnsereignis“ zu sagen wagte, wurde als „Neidhammel“ beschimpft. Ich wollte nicht von da oben runterspringen, sprich: Ich war nicht neidisch. Also warum dann diese Verallgemeinerung?
Es wurde übrigens erwähnt, der Mann habe fünf Jahre dafür trainiert. Woanders hieß es zehn Jahre. 1.) Ja wie viel denn nun? 2.) Was trainiert man da? 3.) Einen Sponsor zu finden, das kann dauern. Das kann ich mir vorstellen.
Es gab Blogger, die verglichen den Sprung aus 39 Kilometer Höhe mit der Mondlandung ? Äh ? Wirklich? Ich sehe nicht, dass man das vergleichen kann. Auch aus wissenschaftlicher Sicht war das PR- und Rekord-Happening nicht relevant. Es gibt, auch wenn ein Sprecher der Brausefirma in einer Pressekonferenz danach es so verkaufen wollte, keine Erkenntnisse für eine bemannte Raumfahrt. Vielleicht, wie man ein Logo auf einem „Raumanzug“ anbringt. Die einzig wirkliche Erkenntnis ist die, dass man ein solches PR-Werbedings aufziehen kann.
Mein einziger Gedanke, den ich hatte, als ich entspannt auf den Bildschirm schaute: „Was passiert nach dem Absprung mit dem Ballon?“ Immer höher und höher wird er wohl kaum gestiegen sein. Ist er irgendwann runtergefallen? Ist er verglüht? Liegt der Müll irgendwo herum, oder treibt der um die Erde? Das war tatsächlich mein einziger Gedanke.
Glückwunsch für den Rekord, mal nebenbei erwähnt.