Es gibt viele Gründe warum man Ottensen lieben muss. Ich wohne hier seit vielen Jahren, bin hierher gezogen bevor der Stadtteil hip war. Mich kann man schon mal nicht für den Anstieg der Mieten verantwortlich machen…
Ein Grund, der Ottensen so lebens- und liebenswert macht, ist die Verbundenheit zu seiner Vergangenheit und ein weiterer seine Offenheit der Kunst gegenüber. Wenn zum Beispiel die Altonale ist, sprüht Altona über mit Kleinkunst. Man kann bei Künstlern in die Ateliers schauen, es gibt einen Kunstmarkt und überall wird Kunst gemacht.
2014 ist für Altona ein wichtiges Jahr. Vor 350 Jahren erhielt Altona Stadtrechte. Deswegen gab es ein großes Fest, aber es muss nicht immer ein großes Trara geben, um einen Stadtteil zu feiern.
Zunächst fiel es mir im Untergeschoss des Mercado auf. Eine Hand voll Stellwände sind hier in einem losen Kreis aufgestellt. An den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotos, die von Altonas Vergangenheit zeugen. Um eine örtliche Einordnung vornehmen zu können, sind über einigen Fotos Straßennamen angebracht. Man sieht Fotos aus der Zeit, die noch Spuren des Weltkriegs aufwies: Man sieht außerdem Bild von nach der großen Flut 1962 und zeitgenössischere, wenn auch mittlerweile „alte“ Zeitzeugnisse. Also Bilder aus den 1970/80-ern zum Beispiel.
Im Untergeschoss, dort, wo sonst Klaviermusik ertönt, sind zudem Fotos von Hertie zu sehen, das vorher an der Stelle stand, an dem nun das Mercado vor sich hinwuselt. Das ist alles noch nicht so furchtbar lange her, aber für den Großteil der derzeitigen Altonaer dürfte das uralte Geschichte sein (Ende der 1980er wurde Hertie verkauft), etwas, das man sich gar nicht vorstellen kann, etwas, das man nur vom Hörensagen her kennt. Nun haben wir aber das Glück, fotografische Beweise zu sehen.
So schön die Idee ist, eine Art Mini-Ausstellung mit historischen Fotografien zu machen – Altona wäre nicht Altona, wenn es nicht „einen Tick mehr“ geben würde.
Man muss derzeit nur mit offenen Augen durch Ottensen laufen. Hin und wieder taucht dann mal ein Foto, mal mehrere in einem Schaufenster auf. In einem kleinen Café am Anfang der Friedensallee (dem Stück bei den Zeise-Kinos) hängt ein Bild „gegen Schimickisierung“, ein Bild aus einer Zeit, als man sich noch gegen die mittlerweile abgeschlossene Gentrifizierung wehrte. Oder in den Fenstern des Knuths (hinterm Mercado), sehen wir Fotos, wie es früher einmal hier ausgesehen hat. So erlebt man – mit offenen Augen – etwas Stadtteilgeschichte im Vorbeigehen. Tatsächlich macht man das nicht im Vorbeigehen. Man muss einfach stehen bleiben und sich die Bilder anschauen.
Die Fotoausstellung im Mercado ist von Michael Borkowski initiiert.