Vorbei mit dem alten Weihnachtsmarkt in Ottensen

Ein Stadtteil ist stets im Wandel. Erst kürzlich hat in der Ottenser Hauptstraße, Ecke Nöltingstraße ein Scherenladen aufgegeben. Der hatte es dort fast 80 Jahre ausgehalten. Ich erinnere mich noch, dass ich als kleiner Junge vor dem Laden stand und in die Auslagen schaute, als ein älterer Herr vorbeikam und mich auslümmelte. Waffen — die gab es dort ebenfalls in Form von Gaspistolen zu kaufen — seien nichts für Kinder und ich solle mich schämen. Ich schaute mir zwar nur die Messer und Scheren an, aber das wusste der ja nicht. Der Scherenladen ist weg. Vermutlich kommt eine Boutique rein.

Dass sich „mein Ottensen“ hin zu einem gentrifizierten Stadtteil entwickelt hat, konnte man schon an vielen, vielen Stellen sehen, aber nun ist der ultimative Gnadenstoß verpasst worden und wir wissen, wo wir angekommen sind.

Eingang zum Weihnachtsmarkt Ottensen Seit mindestens 15 Jahren standen an den Eingängen zum Weihnachtsmarkt Ottensen (Spritzenplatz und Paul-Nevermann-Platz auf der anderen Seite) selbstgemalte Holzaufsteller. Am Eingang zum Altonaer Bahnhof hin stand immer ein gemalter Nikolaus. Letztes Jahr lud er an der Stelle noch die Besucher ein, den Markt zu besuchen. Ein wenig blätterte die Farbe schon ab – nichts, was man nicht hätte richten können. So alt und altertümlich diese Figuren auch wirkten, sie waren fester Bestandteil des Weihnachtsmarktes Ottensen. Noch letztes Jahr sah ich den Nikolaus und freute mich, dass wir so eine alte, bemalte Holztafel haben. Muss ja nicht immer schickimicki und blink-blink sein.

Die nostalgischen Zeiten sind vorbei. In den Bäumen hängen noch mehr Lichtkugeln als sonst, aber das auffälligste: An den Eingängen stehen nun große Holztore. Oben prangt in schnörkeliger Schrift „Weihnachtsmarkt Ottensen“, die Pfeiler sind mit Löchern versehen, in denen große hölzerne Zapfen stecken. Vorbei mit dem „kleines Dorf-Weihnachtsmarkt“-Charme. Der Holznikolaus musste dem sauberen Tor weichen. Und wir wissen, dass „sie“ es geschafft haben …

Ich finde es schade.

Dilemma eines Stadthundes

Mein Name ist Larry. Meine Eltern waren beide hoch ausgezeichnete Zuchthunde. Ich komme also aus „gutem Stall“. So erzählt man mir. Mit acht Monaten wurde ich von meinen Eltern weggenommen. Ich fand ein neues Heim bei sehr guten Menschen, die sich vom ersten Moment an liebevoll um mich gekümmert haben. Sie geben mir ein warmes Dach über dem Kopf, sie spielen mit mir, geben mir zu fressen. Wir gehen regelmäßig raus vor die Tür, wo ich mit anderen Hunden spielen kann.

Mein Hauptherrchen ist der Kopf der Familie. Er geht mit mir am häufigsten raus, streichelt mich am dollsten und gibt mir zwischendurch auch mal etwas richtig Leckeres zu fressen. Von ihm habe ich viel gelernt. Er ist streng mit mir, wenn es darum geht, an einer Straße zu halten. Ich weiß, er will nur mein Bestes. Ich liebe mein Herrchen, gehorche ihm aufs Wort und will ihm immer ein guter Freund sein. Ja, ich kann sage, ich habe Respekt vor ihm.

Bis vor kurzem ?. Seit einiger Zeit greift er doch sehr in meine Privatsphäre ein. Herrchen bleibt immer einige Schritte hinter mir und schaut woanders hin, wenn ich mein Geschäft verrichte. Das rechne ich ihm hoch an. Auch ein Hund hat so was wie Schamgefühl. Doch kürzlich fing er an, meine Häufchen in kleine schwarze Tüten einzusammeln. Was soll das? Was macht er damit? Ist das eine Trophäe für ihn? Sammelt er das und hängt es im Keller an die Decke? Wie krank ist mein Herrchen wirklich? Kann ich mein Herrchen unter diesen Umständen noch respektieren?

Letztens habe ich mich mit einigen Hunden auf einer Spielwiese unterhalten. Von anderen Hunden erfuhr ich, dass deren Herrchen sich ebenso seltsam verhalten. Wohingegen ein Hund, der zu Besuch war, zu berichten wusste, dass er dort, wo er herkommt, sein Geschäft einfach im Wald verrichtet und sein Herrchen sich die Haufen nicht mal anschaut. Muss ein Ding sein, was nur in der Stadt vor sich geht. Haben die etwas ins Wasser bekommen, dass die sich in den Städten alle so seltsam verhalten?

Wenn das so weitergeht, verliere ich jedenfalls jeden Respekt vor meinem Herrchen. Mal sehen, wohin das führt …

Gedanken zur Hamburger Architektur

Zugegeben, er hätte sich weniger proletenhaft und ungehobelt geben können. Ein Interview sollte ohne all diese Vulgärausdrücke und das Geschimpfe auskommen. Dennoch hat Alt-Designer Colani gar nicht so Unrecht, wenn er auf die Elbdisharmonie schimpft. In dem Interview meinte er:

Eure beschissene Elbphilharmonie ist absolut kein Wahrzeichen! Dieses Gebäude könnt ihr euch an den Arsch klatschen!

Wie gesagt – man kann es auch netter ausdrücken. Dennoch spricht er mir aus der Seele. Wie ich weiß, bin ich mit der Meinung auch nicht alleine, also kann das nicht wieder in ein Nils-Gebashe ausarten.

Colani hat Recht mit der Aussage, dass wir uns an der Natur versündigen und uns das irgendwann (eher früher als später) in den Arsch beißen wird. Im Grunde macht Hamburg mit seiner Architektur auch nichts anderes – sich versündigen. Ich behaupte immer noch, dass Walter nicht als der beste, der mutigste, der einprägsamste Oberbaudirektor dieser Stadt in die Geschichtsbücher eingehen wird. Man hat den Eindruck, er versucht (das ist natürlich nicht er alleine, da steckt noch ein ganzer Haufen Architekten dahinter) all die Architektur in die Stadt zu holen, die „in“ ist. Zugegeben, das ist etwas, was immer – auch in der Architektur – vorhanden ist: Moden. Dennoch sollte man darauf achten, ob man ein Gebäude in der Art gestaltet, dass es „in“ und „hipp“ ist, nur um auf dem internationalen Markt mitglänzen zu können, oder ob man sich mit erhobenem Haupt hinstellt und Nein sagt. Nein, wir machen nicht alles mit, was man auch woanders sieht. Wir sind Hanseaten, wir sind stolz, wir stehen uns unserer Geschichte und unserer Stadt.

Wie schön wäre es, wenn sich Stadtplaner einmal darüber Gedanken machten, was man anstellen könne, damit Hamburg ein einzigartiges, ein individuelles, ein charismatisches Gesicht erhält, nicht eines, das sich gut auf Hochglanz-Broschüren macht. Ich wünsche mir ein typisch hamburgisches Profil. Dazu gehört nicht langweiliges, glattes Stahl und Beton-Einerlei. Das ist profillos. Es hilft auch nichts, wenn man die gerade angesagte Container-Bauweise benutzt, bei der eine Etage – oder ein Teil davon – mal etwas nach hinten, mal etwas nach vorn. geschoben ist. Nicht vorhandene Symmetrie ist nicht unbedingt mit „hat Profil“ gemeint.

In Hamburg haben wir Klassizismus, Prunk und einen Hauch von Architekturadel. Ganz so verspielt und pompös muss es nicht sein. Das war eine andere Zeit. Eine schöne Zeit, aber eine vergangene. Wir haben zudem Backsteinbauten. Bauten von vor dem Krieg, etwas Bauhaus, Nachkriegsbauten, die „Hauptsache zum Wohnen“ da waren. Schließlich einige gruselige Bauten aus den 70ern. Und eben die pure Langeweile der Gegenwart.

Dabei ist es so einfach. Man nehme einen Backsteinbau, lasse eine oder zwei Steinreihen etwas weiter herausstehen, oder man nehme einen anderen Stein – schon ist es weit aus individueller und origineller als die meisten Stahl- und Glasbauten. Wobei ich letztens eine Fassade in der gruselige HafenCity sah und dort war es offensichtlich, dass der verwendete Backstein gar kein Backstein war, sondern nur eine Imitation. So nun auch wieder nicht, liebe Leute …

Fette Höfe in Ottensen

Wie ging mir kürzlich das Herz auf, als ich am Ottensener Spritzenplatz sah, dass ein Neubau, der zwischen zwei Häuserfronten reingequetscht wird, Elemente aus seiner Umgebung aufnimmt. Bei dem Projekt Fette Höfe (Warum eigentlich heißt neuerdings jedes Neubaugebiet „Irgendwas Höfe“?) wird eine Hälfte der zum Spritzenplatz zugewandten Seite der Klassizismus der Umgebung aufgegriffen. Die Bauten im Innenhof sind dann wieder ganz modern, kastenförmig langweilig, aber nach vorn. hinaus wird wenigstens teilweise das Gesamtbild gewahrt. Und seien wir ehrlich: Klassizismus hatte Gesicht, nicht wie die Stahl- und Glas-Langeweile von heute.

Abschließend sei – etwas abseits vom Thema – erwähnt, dass sich Hamburgs Gesicht auch nachträglich durch Wärmesanierung verändert. Leider nicht zum Vorteil. Hier müssen noch befriedigende Lösungen gefunden werden.

Was an der Zeitumstellung wirklich weh tut

Es gibt Dinge, die kommen regelmäßig wieder und genau so nerven sie auch. Karneval, die Süßigkeitenindustrieabzocke Halloween, Flip-Flops und zweimal im Jahr die Uhrzeitumstellung. Wobei es nicht die Umstellung an sich ist, die nervt, sondern die ewig gleiche nörgelnde Jammer-Arie, die die Menschen diesbezüglich vom Stapel lassen. Einen Tag vor der Zeitumstellung springen dann auch die Medien auf den Heulzug auf, verraten aber gönnerhaft, in welche Richtung man den Zeiger drehen muss. Trotzdem immer wieder panische Menschen auf den Straßen, schreiend, sich die Haare in wilder Verzweiflung ausreißend: „Muss der Zeiger vor oder zurück?“

Zeitumstellung ist doch nicht schwer! Sie tut auch nicht weh. Hört auf zu jammern. Euer Biorhythmus ist Euch 363 Tage im Jahr schnurz-egal, aber wenn dann eine Stunde vor- oder zurückgestellt wird, gerät er urplötzlich aus allen Fugen und Euer Leben ist ein einziges Desaster. Nein. Ist es nicht.

Merken kann man sich das mit der Umstellung auch ganz einfach: Der Winter ist kalt und unangenehm. Seht es so, dass Euch in dieser „schweren Zeit“ etwas Gutes getan wird. Euch wird eine Stunde geschenkt! Freut Euch – trotz vor der Tür stehendem Winter. Und wie kann man jemanden eine Stunde schenken? Indem man die Uhr zurückstellt. Eben noch war es 3h am Morgen, plötzlich ist es wieder 2h. Huch! Eine Stunde geschenkt. Merkt es Euch und hört auf zu jammern. Zeitumstellung tut kein Stück weh.