Wie das Internet unsere Arbeitswelt verändert hat

Das Internet nimmt einen großen Raum in unser aller Leben ein. Auch im Arbeitsleben. Nicht nur hat es Arbeitsplätze geschaffen — ich müsste ansonsten vor einer Schulklasse stehen, so bin ich als Frontend-Architekt für eine Seite mitverantwortlich —, es hat auch das Arbeitsleben von Berufen verändert, die eigentlich so gar nichts mit dem Netz zu tun haben.

Es lohnt sich ohnehin immer mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen, aber dabei kann man auch mal ruhig im Vorbeischlendern in die kleinen Läden schauen, in die Lobbys und die Büros. Schon so oft habe ich beobachtet, wie Menschen vor einem Monitor hocken und darauf starren. Eine Hand auf der Maus, das Kinn auf die andere Hand gestützt. Das habe ich bei Verkäufern in kleinen Läden gesehen oder auch bei Wächtern in den Lobbys von großen Konzernen. Immer dieser glasige Blick auf den Bildschirm. Es liegt die Vermutung nahe, dass die alle am Surfen im Internet sind.

Was wäre deren Leben ohne die Verbindung über den Computer in die weite Welt hinaus? Was haben die in den 1990er gemacht? Wie sah da deren Arbeitstag aus? Wenn mal kein Kunde anwesend war, kein Besucher Einlass begehrte, was haben die damals gemacht? Gearbeitet? Dinge weg geräumt? Ein Buch oder eine Zeitung gelesen? Freie Zeit wurde in der Pre-Internet-Zeit doch bestimmt produktiver genutzt, oder?

Es ist aber nicht nur die Zeit „dazwischen“, zwischen den eigentlichen Arbeiten, dem Bedienen von Kunden, dem Führen von Büchern, der Kontrolle von was-weiß-ich, in der die Menschen ihre Augen gen Monitor richten und sich „einklinken“. Dank Abhängigkeiten von sozialen Netzen — ich denke da vor allem an den blauen Riesen — sind die Menschen auch während ihrer eigentlichen Arbeitszeit oft anders beschäftigt. Es sollte tatsächlich Geld verdient werden, stattdessen wird nachgesehen, was dieser Bekannte gerade treibt, wo sich jener gerade aufhält oder was er gerade an weiteren Internetseiten empfiehlt.

Ich lehne mich mal weit hinaus und behaupte: Bevor das Internet Alltag wurde, wurde mehr gearbeitet und/oder Leerzeit effektiver genutzt.

Alter Bridge im Docks

Alter Bridge auf der Bühne des Docks in Hamburg

Alter Bridge in Concert
Bewertung: 4.5 von 5

Bereits im „Sommer“ (es regnete in Strömen, so doll, dass wir uns im Stadtpark schlicht verlaufen haben — eine andere Geschichte) sahen wir Alter Bridge. Damals noch als Vorband zu 3 Doors Down. Diesmal traten Alter Bridge als Hauptgig auf. Zwei Tage vor dem Konzert im Docks dann die Nachricht, dass Sänger Myles Kennedy (mal wieder) erkrankt sei. Das Konzert in Kolding, Dänemark, wurde gar abgesagt. Myles müsse sich schonen, hieß es offiziell.

Kumpel war schon extrem genervt. Er sah die amerikanische Rockband bereits zweimal und jedes Mal war der Sänger krank. Einmal, so erzählte er, war Myles nur mit dünner Stimme unterwegs und ließ vor allem das Publikum singen, das andere Mal sprang sogar Gitarrist Mark Tremonti ein. Der Mann kann zwar genial Gitarre spielen, aber man möchte schon den Sänger hören.

So standen wir bei Eiseskälte vor dem Docks und überlegten, ob wir die Karten noch verkaufen sollten. Wir ließen uns von der Menge in den Club mitziehen.

Da unten schon irgendwie alles voll war, sind wir gleich hoch auf die Empore und dort nach anfänglich anderem Standort, sogar nach ganz oben aufs Podest. Super Ausblick. Selbst ein 2,5m-Mann vor einem würde nicht stören.

Pünktlich um 20h fing die Vorgruppe an, von der ich zuvor noch nie etwas gehört hatte. Nun ist das Leben als Vorband — zumal einer nicht überall bekannten — ein schweres. Doch die vier Jungs von Black Stone Cherry haben mich voll begeistert. Die Stimme von Sänger Chris Robertson ist live noch rauer und kam sehr voluminös herüber. Die Musik war schnell, kraftvoll und die Jungs aus Kentucky haben den Laden richtig zum Kochen gebracht. Was auf der einen Seite toll ist, auf der anderen Seite steigt heiße Luft nach oben — und da standen wir. Sauna war nichts dagegen.

Eine satte Stunden spielten Black Stone Cherry. Da kamen schon Bedenken auf, ob Myles’s Stimme vielleicht doch noch nicht wieder da ist und man die Zuschauer mit der Vorband trösten wollte.

Eine halbe Stunde Umbau, dann wurden die Fans langsam unruhig. Endlich der Haupt-Act. Die Stimme von Myles war tatsächlich nicht 100%-ig da. Vor allem am Anfang ließ er gerne das Publikum laut grölen und machte die so beliebten Klatsch-Spiele „Linke Saalhälfte gegen rechte Saalhälfte“. Zum Glück fing sich der Stimmapparat von Myles Kennedy wieder und er konnte diverse Hits mit seiner über vier Oktaven gehenden Stimme darbieten. Na gut, vielleicht hatte er nicht das volle Spektrum zur Verfügung.

Interessanterweise fand ich Black Stone Cherry „lebendiger“. Die kleinen Jungs zappelten, hüpften, posierten, sprangen und wirbelten auf der Bühne — das war herrlich anzusehen. Irgendwie „putzig“, weil Bassist Jon Lawhon und Gitarrist Wells so dünne Hänflinge sind. Wohingegen Schlagzeuger John Fred Young das Mensch gewordene Tier aus der Muppet Show ist. Der trommelte wie ein Irrer, verlor immer wieder seine Sticks, hatte jedoch eine ganze Wagenladung stets griffbereit. Sein Solo war klasse.

Die „älteren Herren“ von Alter Bridge sind da eher gesetzter gewesen — oder einfach mehr Profi. Zwar sprach Myles Kennedy einige Mal mit dem Publikum, aber etwas mehr Persönliches hätte ich mir schon gewünscht. Mark Tremonti zog sein Ding ebenso durch wie Bassist Brian Marshall und Schlagzeuger Scott Phillips. Die beiden Letzteren waren da aber noch ruhiger als ihre Kollegen. Marshall stand breitbeinig in seiner Ecke und hat völlig unscheinbar gespielt. Phillips hatte zwar ebenfalls ein Solo, aber Young konnte bei weitem mehr begeistern.

Allerdings muss bemerkt werden, dass sich Kennedy an einer Stelle doch an seine beiden „kranken“ Konzerte in Hamburg erinnern konnte. Er meinte, dieses Konzert sei ihm so wichtig, weil er die beiden davor nicht richtig hat singen können. Das macht den Künstler doch schon wieder sympathisch, dass er sich an das kleine Hamburg doch noch erinnern konnte.

Ein gelungenes Konzert. Alter Bridge waren etwas steril und im Gegensatz zu Black Stone Cherry waren die „alten Herren“ schlechter ausgesteuert. Gitarre und Bass waren zu prominent, so dass Kennedys Stimme einfach schon deswegen unterging. Alter Bridge ist sowieso ein Konzertbesuch wert, aber auch die jungen Leute von Black Stone Cherry.

Achtung. Überwachung!

Interessant ist es übrigens, dass selbst ein Rockkonzert heutzutage nicht mehr vor den Übeln des technischen Zeitalters verschont bleibt. Zwar waren echt viele (natürliche) Glatzenträger im Publikum, dennoch sah man gerade von unserem Standort aus immer und überall Mobiltelefon-Displays leuchten. Es wurde geknipst und gefilmt, was das Zeug hielt. Obwohl ? das Filmen war verboten. Da lief ein Jüngelchen herum, das auf jedes Display geschaut und beobachtet hat, ob die Person ein Foto schießt oder filmt. Wurde das Konzert aufgenommen, wurde die Person höflich darum gebeten, dies zu unterlassen. Er machte einen guten Job! Bei uns oben nahm die Zahl der gezückten Mobiltelefone jedenfalls merklich ab.

In diesem Sinne …

Niels Frevert hinterlässt einen Zettel auf dem Boden

Cover Niels Frevert - Zettel auf dem Boden

Bewertung: 4.5 von 5

Zwischen Seltsam Öffne mich, dem zweiten Solo-Album des Hamburger Niels Frevert und dem Nachfolge-Album Du kannst mich an der Ecke rauslassen lagen satte fünf Jahre. Das vierte Album von Frevert kam etwas schneller raus. Drei Jahre gingen ins Land und nun ist Zettel auf dem Boden da.

Was sich bei Du kannst mich an der Ecke rauslassen bewährt hat, verfolgt Frevert nun noch konsequenter. Es gibt keine Rock-Nummer mehr, alle elf Lieder sind ruhig, melancholisch, mit Streichern und auch mal mit Trompete zu unglaublich traurigen, schönen Liedern erhöht.

Schon im ersten Lied Schlangenlinien setzen gleich nach der Akkustik-Gitarre die Streichern an. Frevert erzählt eine Geschichte von der Begegnung mit einem alten Mann. Bereits zum Beginn der Scheibe taucht der Zuhörer in Melancholie ein.

Danach wird es ein kleines bisschen beschwingter, zumindest von der Musik her. Eine etwas seltsame Liebeserklärung an einen Menschen, die uns Frevert in Ich würde Dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist präsentiert. Am Ende setzt gar ein kleiner Chor ein, in dem auch Nils Koppruch mitmischt. Irgendwann muss man einfach mitpfeifen. Das ist dann auch die erste Auskopplung aus der Scheibe. Zumindest gibt es dafür ein Video.

In 1m2 Regenwald geht es dann sehr düster zu. Ein Lied voller Hoffnungslosigkeit.

Das vierte Lied, Frustrationstoleranz, Herr Frevért, scheint von einem Wartezimmer bei einer Therapeutin zu handeln und mag uns sagen, dass wir alle Patienten sind.

Mein spontanes Lieblingslied ist Bis jemand mich hört. Die Melodie ist frisch, leicht und beschwingt, von hohen Streichern bestimmt. Hört man dann genauer auf den Text (der übrigens nicht im Booklet abgedruckt ist), präsentiert Frevert uns erneut keine leichte Kost, sondern erzählt von einem geängstigten Menschen.

Für stocktaube Ohren reicht ein 100-Watt-Verstärker nicht aus, um zu hören, dass jemand in Not ist.

Blinken am Horizont gibt es in zweifacher Ausführung. Einmal mit diversen Instrumenten und etwas schneller, am Ende der Scheibe aber auch noch einmal als Piano-Version. Wieder so ein Lied, das man einfach gerne haben muss, auch wenn es von einem toten Menschen handelt.

Ja, es ist schwere Kost, die uns Niels Frevert hier auf die Ohren gibt. Wenn man nicht gerade selber total deprimiert ist, sind diese 45 Minuten allerdings wunderschön melancholisch. Manchmal erinnert die Musik an einen französischen Film aus den 60ern. Ich glaube, ich habe keinen einzigen solcher Filme gesehen, aber so eine Assoziation kommt irgendwie auf.

Zettel auf dem Boden kann man sich nicht immer anhören. Man muss in der Stimmung sein. Frevert-Fans dürften sich auf die Scheibe gefreut haben und werden nicht enttäuscht.

Das ist eine lange Geschichte.
Dauert ungefähr zwei Teelichte.

Ein wenig Sorgen mache ich mir allerdings schon. Diese schweren Lieder in Verbindung mit dem Foto von Frevert im Booklet, auf dem er alt, traurig und verbraucht ausschaut ? Nicht schön.

Scherben bringen Glück.
Und Glück bringt Scherben.

Wahnsinn wegen Mietwahnsinn

Beim sonnabendlichen Einkaufsrundgang in Ottensen wunderte ich mich, als ich im Hohenesch einen Polizeiwagen quer auf der Straße stehen sah. Einfach mal drum herumgefahren — mit dem Rad geht das — und weiter bis zur Bahrenfelder Straße. Dort wurde es dann richtig voll mit Polizeiwagen. Hin zur Fabrik standen sie in Reihe, gegenüber von der Fabrik parkten drei Wasserwerfer, auf der Straße zusätzlich Mannschaftswagen. Überall Blaulicht.

Wenig später dann ebenfalls Blaulicht im Hohenzollernring. Auch hier — allerdings aus der Ferne gesehen — eine Kolonne Polizeieinsatzfahrzeuge. Sogar durch kleine Seitenstraßen huschten Peterwagen mit Blaulicht.

Was geht denn da ab?

Mietenwahnsinn in Hamburg

Meine Vermutung: Diverse Vereinigungen haben am Sonnabend zu einer Demo Mietenwahnsinn stoppen! aufgerufen. Vom Millerntorplatz sollte es gen Altona gehen. Das dürfte wohl der Grund für das massive Polizeiaufgebot gewesen sein. Meine Vermutung, kein Beweis dafür.

Wenn es an dem war, dann zeigt das, dass davon ausgegangen wird, dass so eine Demonstration in Gewalt ausbrechen kann/wird. Ganz blöde, blauäugige Idee: Schafft ausreichend und bezahlbaren (!) Wohnraum. Dann gäbe es solche Demonstrationen nicht, die Polizei könnte auch mal Wochenende machen und eine potenzielle Gefährdung wäre auch nicht existent. So einfach.

Da können noch so viele Studien veröffentlicht werden, die behaupten Harburg sei ein Trendviertel — deswegen werden die Leute ganz bestimmt nicht in Scharen auf die südliche Seite der Elbe ziehen.

Mal ganz ehrlich: Wenn die Mieten in Hamburg weiterhin so hoch bleiben, oder gar noch weiter steigen — wovon auszugehen ist —, dann können sich nur doch die Reichen und vermeintlich Schönen dieses Pflaster leisten. Wer „normal“ verdient, muss raus. Nur wohin? Harburg? Seevetal? Lüneburg? Lübeck? Bad Bramstedt? Welch Irrsinn! Auch schon wegen „Umwelthauptstadt“ und so … Aufs Land abgeschoben werden will man nicht. Wir wollen schon in Hamburg wohnen.

So lange es sich für Investoren lohnt leerstehende Büroräume zu bauen, wird sich an der enormen Schieflage nichts ändern. So lange der Wohnraum zu knapp gehalten wird, kann die Nachfrage nicht befriedigt werden, also können die Preise in astronomische Höhen gehen.